1975 | S.182-184 | Von Josef Brück
In der Reihe der anerkannten Kneippkurorte der neueren Zeit nimmt Kyllburg insofern eine Sonderstellung ein, als hier bereits in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Kneippkuren unter der Leitung eines mit Pfarrer Kneipp eng befreundeten Arztes praktiziert wurden.
Einen Überblick in die Kneippsche Methode der damaligen Zeit vermittelt uns der Bericht einer Teilnehmerin, den wir dem im Jahre 1898 erschienenen “Elften Jahrgang der Monatsschrift für katholische Lehrerinnen” entnehmen (hier verkürzt wiedergegeben), Druck und Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn.
Unter der Überschrift “Eine Kneippkur in Kyllburg” lesen wir dort Seite 763/764 wie folgt:
Um das Kneippen – bitte nicht mit dem einfachen “Kneipen” zu verwechseln – ist es allen Ernstes eine recht winkelige Sache. Richtig und verständig betrieben, kann es nicht genugsam empfohlen werden; sind doch schon Tausende und aber Tausende durch die Wasserkur gesund geworden. Allerdings ist auch in dieser Beziehung der Mißbrauch vom Übel… In der Tat, auch bei dieser Wasseranwendung gilt der Grundsatz: Richtiges Kennen und zweckentsprechendes Können sind unbedingt notwendig, will man damit seiner Gesundheit nützen und nicht schaden. Um ersteres zu erreichen und letzteres zu vermeiden, wandte ich mich in schwerer Krankheit brieflich an die Quelle der Wasser-Kneipperei nach Wörishofen. Gern und schnell und gut und billig war der Rat von dorten, den ich sofort in die Tat umsetzte. Und siehe da, mein Vertrauen blieb nicht unbelohnt. Nachdem ich einige Wochen die vorgeschriebenen Wasseranwendungen gemacht hatte, erlangte ich meine kernige Gesundheit wieder…
Nach Salomons Ausspruch jedoch ist nichts von Dauer unter der Sonne, und so kam denn volle sechs Jahre hernach eine böse, bitterböse Erkältung und brachte meine Gesundheit wiederum zu Falle, eine starke Halsentzündung sowie eine akute Nierenentzündung fesselten mich acht Tage lang und bange Wochen ans Krankenbett. Um meine arg zerrüttete Gesundheit wiederherzustellen, beschloß ich, nochmals eine Kneippkur zu machen. Zu dem Ende wollte ich einen bezüglichen Kurort besuchen. Natürlich wäre ich am liebsten nach Wörishofen gegangen. Da indessen mein Geldbeutel damals an der Schwindsucht litt, mußte ich nach einem nahe gelegenen Kneippkurort suchen. Man riet mir Kyllburg an, und ich folgte diesem Freundesrate. Hier in Kyllburg lernte ich einen erfahrenen und leutseligen Arzt in Herrn Dr. Neu kennen und schätzen, der selbst in Wörishofen von seiner hochgradigen Nervosität geheilt wurde, und der während vieler Monate bei Herrn Prälat Kneipp das Wesen und das Verfahren bei den Wasseranwendungen theoretisch und praktisch auszuüben Gelegenheit hatte. Schon bald machte mich Herr Dr. Neu auf die zwei wichtigen, leider aber nicht genug beobachteten Sätze aufmerksam: Keine lange dauernden und zu starken Wasseranwendungen, 2. der Körper muß vorher warm sein und nachher wieder durch Gehen und dergleichen in den warmen Zustand gebracht werden!
Jeden Tag gab es zwei Anwendungen, vor und nach denselben wurden Spaziergänge vorgenommen, um den Körper wieder in den nötigen Wärmezustand zu bringen. An Gelegenheiten zu diesen Fußtouren hat Kyllburg durchaus keinen Mangel, im Gegenteil, Auswahl in verschiedener Hinsicht, Wald und Feld, Berg und Thal. Fluß und Land, Straße und Pfad. So wurde Tag für Tag gekneippt und gekneippt – in dankenswerter Weise gab meine Behörde noch einige Tage Nachurlaub und das Ende vom Liede war, daß ich mit dem alten Pindar sagen konnte: “Wasser ist das Beste!” Neugestärkt kehrte ich heim zu meinen Lieben, die mit mir dem lieben Gott für meine immer mehr fortschreitende Genesung Dank sagten. Zu Hause machte ich dann weiter Gebrauch von den mir von Herrn Dr. Neu empfohlenen Wasseranwendungen, die mich je länger je mehr “auf den Damm brachten”. Für mich und so viele andere, denen in Kyllburgs Kneippanstalt Hilfe zu teil geworden, ist dies die Hauptsache.
Im übrigen spricht auch noch anderes für die Wahl Kyllburgs als Kneipport. Zunächst hat das Städtchen eine schöne, herrliche Lage auf und an einem Bergrücken der Kyll, welch letztere sich in mannigfachen Windungen um diesen herumschlängelt. Die Bergkuppe ist gekrönt mit einer schönen gotischen Stiftskirche, von der abseits ein alter Turm weit hinausragt. Dieser Turm rührt noch von der Burg her, welche der Trierer Erzbischof Theoderich 1239 errichten ließ, und von der das Städtchen seinen Namen erhalten hat. Kyllburg und seine romantische Umgebung bieten herrliche Spaziergänge, der nächste um den Hahn (Hain) stößt direkt an den Ort. Hier kann man auch allerwegen eine reine, gesunde Luft “kneipen” und allüberall trifft man zur Genüge Ruhebänke an, welche den ermüdeten Wanderer zur Rast einladen.
In Kyllburg ist auch für gute Unterkunft gesorgt. Für gewöhnlich zahlt man pro Person und Tag 2,50 bis 3 Mk Pensionspreis, in besseren Hotels bis 4 Mk, im Eifeler Hof 4,50 Mk… Zum Schlusse darf ich wohl noch eins betonen: Ich halte nämlich dafür, daß man eine derartige Kur nicht dann erst oder auch dann nur machen sollte, wenn man krank ist oder eben war. Besser ist es zweifellos, wenn man solche Kneipperei vornimmt, um sich abzuhärten, um sich widerstandsfähiger zu machen, so daß einem nicht jedes Lüftchen, das einen anfächelt, eine Erkältungskrankheit auftischt.
Im übrigen kann man nur wünschen, es möchte sich täglich die Zahl der Anhänger des Kneippschen Verfahrens vergrößern, vergrößern zu ihrem eigenen Besten.
Mit diesem Wunsche schließt der mit BZ signierte Bericht aus dem Jahre 1898.
Hören wir nun, was der im Jahre 1963 verstorbene Amtsbürgermeister Karl Föst in dem von ihm verfaßten Heimatwerk “Kyllburg einst und jetzt” über das Kneippbad zu berichten weiß:
Schon um die letzte Jahrhundertwende bekannte sich in Kyllburg der Arzt Dr. Neu als einer der ersten Vollmediziner zu Pfarrer Kneipp, mit dem ihn eine tiefe Freundschaft verband. Letzterer weilte wiederholt in Kyllburg. Schon damals hat Dr. Neu mit seinen Kneippschen Methoden vielen Menschen helfen können. Er hatte zu diesem Zweck nach dem Wörishofer Vorbild im heutigen Amtsgebäude eine Kneippsche Badeeinrichtung geschaffen. Nach einigen Jahren segensreicher Tätigkeit nahmen ihn seine englischen Patienten nach England. Jetzt aber hat Kyllburg nach langer Zwischenzeit wieder sein Kneippbad.
(Siehe Seite 86 im vorletzten Abschnitt).
Unter dem Titel “Kneippbad und Sauna in Kyllburg” lesen wir dann im gleichen, heimatgeschichtlich sehr wertvollen Buch auf Seite 171:
Dem Kurhotel ‚Eifeler Hof‘ sind ein Kneippbad und eine finnische Sauna, die beide nach den neuesten Erkenntnissen und mit den modernsten Mitteln ausgestattet wurden, angegliedert. Diese Anlagen haben separaten Eingang und sind auch allen übrigen Gästen und Freunden des Kurortes zugänglich, so daß auch ambulante Kuren möglich sind.
Durch die Betreuung eines in der Kneipptherapie erfahrenen Arztes und geschulten Badepersonals ist die Gewähr für die regelrechte Durchführung einer Kneippkur gegeben. Diese ist im besten Sinne des Wortes eine ‚Ganzheitsbehandlung‘, da sie sich mit allen fördernden Lebensreizen auf den ganzen Menschen erstreckt und ihm durch gleichzeitige aktive Mitarbeit zur Gesundung verhilft.