Heimatkalender

Der Stadt und Freiheit Kilburgh Wapfen

Heimatkalender 1964 | S.30-31 | Von Josef Brück

Am Eingang zum Kyllburger Kurpark „Hahn“ ist rechterhand ins Mauerwerk eine Steinplatte eingefügt, die mit dem Wappen des Trierer Erzbischofs Johann VII. von Schönenberg sowie mit dem Kyllburger Stadtwappen geziert ist.

Beide Wappen sind aus der Platte erhaben herausgemeißelt und fest miteinander verbunden. Aus dem mit einer Randleiste abgeschlossenen viereckigen Fundament des oberen Teiles tritt der Wappenschild mit dem Wappen des Erzbischofs kräftig hervor. Die seitlichen Streif en der Umrahmung tragen als Zierwerk ein blattloses Ranken- oder Rebengewinde. Der Schild ist dem Stil der Renaissance angepaßt und durch ein großes Balkenkreuz in vier Felder aufgeteilt (Wappenbild Kurtrier). Im erzbischöflichen Wappen werden nun das rechte obere Feld sowie das linke untere Feld wiederum durch je ein kleineres Balkenkreuz quadriert. (Seitenangabe entspricht heraldischen Gesichtspunkten.) Die Felder links oben und rechts unten zeigen das Familienwappen des Erzbischofs, in diesem Falle drei Maltheserkreuze. Diese Symbole weisen darauf hin, daß Vorfahren des Erzbischofs als Kreuzritter im hl. Lande weilten und als Mitbegründer des Maltheserordens anzusprechen sind.

Die drei lat. Kreuzformen sollen das „Hohepriesterliche Amt“ des Erzbischofs als Verkünder, gesetzmäßiger Hüter und Verteidiger der Kirche Christi in den Vordergrund rücken und die geistliche und weltliche Macht des Kirchenfürsten repräsentieren. Zwar ist das 8-Ecken-Kreuz für die christliche Welt in erster Linie das Heilszeichen des Erlösers Jesus Christus, doch kommt diesem als Wappensymbol noch heraldische Bedeutung zugute.

In die Kopfleiste der Wappenumrahmung ist die Jahreszahl 1583 auffallend sperrig eingemeißelt. Die untere Rahmenleiste ist teilweise ausgekehlt, um den Übergang in den wesentlich flacher gehaltenen Schild des Kyllburger Stadtwappens zu gewährleisten.

Dieser Schild zeigt als Wappenbild die Kyllburger Stiftskirche nach Fertigstellung des 1. Bauabschnittes. Trotz stilistischer Unterschiede bezeugt dieses Emblem eine auffallende Ähnlichkeit mit der Darstellung des urtümlichen Kyllburger Stadtsiegels aus dem 14. Jahrhundert. Leider ist dieses wertvolle Requisit in den neunziger Jahren nach Köln verschleppt worden.

Dr. Franz Bock, der dieses Siegel noch von Ansehen kannte, definiert dasselbe in „Kyllburg und seine kirchlichen Bauwerke des Mittelalters“ als „altes Kyllburger Stadtwappen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, welches den eben bezeichneten älteren Bauteil der Kirche mit einem einfachen Dachreuter (-reiter) und einem westlichen Abschlußgiebel nebst einer großen Eingangstür wiedergibt.“

Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß dieses im 14. Jahrhundert erstmals in Erscheinung getretene Signet bei der Herrichtung des Kyllburger Wappensteins eine Reproduktion erfahren hat.

Nichts lag nun näher, als bei dieser Gelegenheit die lat. Umschrift

SIGILLUM OPIDI KILBURCH

in die mittlerweile möglich gewordene deutsche Übersetzung umzumünzen. Dementsprechend lautet die Beschriftung am Rande des halbmondförmigen Schildes seither:

DER STADT UND FREIHEIT KILBURGH WAPFEN

Dieser Wortlaut steht in logischem Zusammenhang mit dem reproduzierten Prägebild des got. Stadtsiegels, dessen Konturen hinweisen auf den ersten Bauabschnitt der Kyllburger Stiftskirche, die im Jahre 1276 „zur Verherrlichung Gottes des Allmächtigen und zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria und aller hhl. Jungfrauen begonnen wurde.“

Der Trierer Erzbischof und Kurfürst Johann VII. von Schönenberg hat von 1581 bis 1599 regiert. Die Kopie des erzbischöflichen Wappens trägt die Jahreszahl 1583.

Das Ursprungswappen des Kyllburger Stadtsiegels ist etwa 250 Jahre älter als dessen Wiedergabe auf dem Wappenstein. Wer diese Tatsache ignoriert, der ist allzu leicht geneigt, aus der Beschriftung desselben das Geburtsjahr der Stadtwerdung Kyllburgs herauszulesen. In Wirklichkeit besteht jedoch keinerlei Beziehung zwischen diesem Doppelwappen und der Stadtrechtsverleihung.

Karl Föst, der seinerzeit als Amtsbürgermeister von Kyllburg für die Wiedererlangung des durch die Rheinische Städteordnung verlorengegangenen Stadtrechts initiativ tätig wurde, hat in seiner Freizeit in intensiver Forscherarbeit ein umfangreiches Quellenmaterial herangezogen, um den Anspruch auf Zuerkennung des traditionellen Titels „Stadt“ bei den hierfür zuständigen Behörden legitimieren zu können. Diese urkundlich bezeugten und teilweise mittels Fotokopie belegten Unterlagen hat K. Föst dann gleichzeitig in einem für Kyllburg außerordentlich wertvollen chronikalischen Werk (s. u.) veröffentlicht, um der Bevölkerung des Amtsbezirks eine Gesamtschau über die hochinteressante Stadtgeschichte zu vermitteln, und sie so für eine 700-Jahr-Feier zu begeistern, die im Zuge einer Wiederverleihung der Stadtrechte geplant wurde.

Es ist selbstverständlich, daß der Verfasser dem Wappenstein ein besonderes Kapitel einräumt, um sein Vorhaben speziell nach dieser Seite hin abzusichern und abzuschirmen. Infolgedessen kam er nicht umhin, gegen divergierende Auffassungen hinsichtlich der Stadtrechte kritisch Stellung zu nehmen, indem er schreibt:

„Wenn Wackenroder und vor ihm schon verschiedene andere in ihren Abhandlungen eine angebliche Stadtrechtsverleihung vom Jahre 1580 bzw. 1583 aus diesem Stein herleiten, so liegen hierfür keine urkundlichen Belege vor.

Auch Archivdirektor E. Schaus vermutet, daß dieser Irrtum auf eine falsche Deutung des Wappensteines von 1583 zurückgeht… Sicherlich hat es irgendeine Bewandtnis mit der Zahl 1583 im Wappenstein; welche, läßt sich leider bei dem Fehlen entsprechender Urkunden nicht klären; mag sein, daß der Kurfürst damals den seit über 300 Jahren bestehenden Zustand aus einem heute nicht erkennbaren Grunde expressis verbis feierlich bestätigte. Wenn Schannat-Bärsch in „Eiflia illustrata“, Dr. Jakob Schneider in seinem Werkchen „Das Kylltal und seine Umgebungen“, Haller und Züscher in „Trierische Geschichte“, Wackenroder in „Die Kunstdenkmäler des Kreises Bitburg“ und Dr. ‚ Franz Bock in „Kyllburg und seine kirchlichen Bauwerke des Mittelalters“ die Stadtwerdung Kyllburgs in das Jahr 1584 verlegen, dann haben sie dabei übersehen, daß einerseits hierfür jeglicher urkundlicher Nachweis fehlt, und der Wappenstein als solcher nicht angesprochen werden kann, anderseits aber Kyllburg in Urkunden und amtlichen Schriftstücken, Büchern und Listen in den Jahrhunderten zuvor, zumindest seit dem Sammelprivileg Ludwig des Bayern vom Jahre 1332, als Stadt anerkannt und behandelt wird.“

Aus diesen Zeilen geht die besondere Aufmerksamkeit hervor, die der Verfasser K. Föst dem Wappenstein zugewendet hat. Erwähnenswert ist vor allem die in Sperrschrift gehaltene Textstelle, weil hierin ein Ansatz zur Lösung des strittigen Problems zu finden ist.

Die volle Bedeutung der Zahl 1583 sowie den tieferen Sinn dieser Wappenvereinigung zu ergründen, dürfte angesichts obiger Kontroverse nicht nur erwünscht, sondern dringlich notwendig sein, wobei der Mangel an entsprechenden Urkunden durch Heranziehen tangierender geschichtlicher Vorgänge sowie hierauf beruhender Vergleiche und Analogieschlüsse kompensiert wird.“

Über die Gründungsgeschichte Kyllburgs lesen wir in dem vorhin zitierten Heimatwerk u. a. folgendes:

„Nach einer Schenkungsurkunde vom 26. Juli 800 (Goldenes Buch der Abtei Prüm) schenkten die Eheleute Elmfred und Doda mehrere am Kyllberg gelegene Ländereien an die Abtei Prüm, die dort schon Besitz hatte, die damals frei und reichsunmittelbar eines der größten Klöster Deutschlands war. In der Schenkungsurkunde wird Kyllburg als „castrum Kiliberg“ bezeichnet. Dieses castrum Kiliberg ist nach Eltester (Mrh. Urkundenbuch II, S. CXVII) nicht die erst später aufgeführte Burg, sondern das schon durch seine Lage feste Städtchen selbst.“

Mit dem Baubeginn der größeren, eigentlichen Kyllburg durch den Erzbischof Theoderich von Trier i. J. 1239 machte das Kloster Prüm seine Eigentumsansprüche auf den Kiliberg geltend. Im Laufe dieser besitzrechtlichen Auseinandersetzung kam es zwischen dem Abt Friedrich von Prüm (1218 – 1245) und dem Erzbischof zu einem friedlichen Vergleich, demzufolge die Grundrechte des Klosters Prüm im Bereich der Burg respektiert werden mußten.

Der Nachfolger des Erzbischofs Theoderich, Erzbischof Arnold von Trier (1242 – 1259) erneuerte diesen Vertrag mit dem Prümer Abt Joffrid v. d. Fels (1246 – 1275).

„Hiernach sollte der Abt in seinem Bereich den Bau der Befestigung und sonstigen Mauerwerks nach beiderseitigem Ermessen übernehmen. Die etwa von Prüm angenommenen Burgmannen, Burgeinwohner, burgenses, Wächter und Pförtner werden auf beide Herren verpflichtet und erfreuen sich der vom Erzbischof beschworenen Freiheit.“ (Mitteilung von Archivdirektor Schaus, Trier, verzeichnet von Karl Föst.)

Mit der Unterzeichnung dieses Vertrages durch den Prümer Abt war die rechtliche Grundlage für das OPIDUM KYLLBURG geschaffen worden, d. h. von diesem Zeitpunkt an hatte Kyllburg Stadtcharakter. Einer speziellen Stadtrechtsverleihung bedurfte es fürderhin nicht mehr.

Die Bezeichnung Opidum = Oppidum ist römischen Ursprungs und gehört zu den metonymischen Begriffen. Dies besagt, daß das Wort einen Bedeutungswandel, eine Umbenennung oder Umtaufe erfahren hat. (lat.) oppidum ist gleichbedeutend mit: Fester Platz, Stadt. (lat.) oppidulum = Städtchen. (lat.) oppidanus = Städter, städtisch, aus einer Landstadt. (lat.) oppidatim städteweise. (franz.) oppidum bedeutet ebenfalls befestigte Stadt.

„Oppidum“ ist die Nachfolgebezeichnung für eine vorchristliche, keltische „dun“-Stätte, ein Begriff, der eine gemeindliche Gesellschaftsordnung umschließt, deren Mittelpunkt die arteigene Kult– und Gerichtsstätte bildete. Nach der Missionierung mußten diese von Julius Cäsar mit dem latinisierten Namen „dunum“ überlieferten, befestigten Bergsiedlungen „umgetauft“ werden. –

Wie bereits betont, war das Stadtrecht Kyllburgs mit der vertraglichen Verpflichtung des Prümer Abtes zum Bau der Befestigungsmauer besiegelt. Aus diesem Vertrag geht aber auch eindeutig hervor, daß die Grundrechte des Klosters Prüm im Bereich der Kyllburg weiterhin vollauf gewahrt blieben.

Von einer abermaligen Erneuerung des Vertrages oder einer Ablösung desselben sind keinerlei Aufzeichnungen oder Urkunden nachweisbar. Auch von einer Inbesitznahme durch Waffengewalt ist nichts bekannt. Wenn es daher im Anschluß an die vorhin erwähnte Mitteilung von Schaus bei Föst heißt: „Die der Abtei Prüm 1256 noch zugestandene beschränkte Mitherrschaft ist nachher von der alleinigen Hoheit des Erzstiftes Trier abgelöst worden“, so beeinträchtigt dies die Regalität des Prümer Klosters keineswegs.

Bedeutsamer in dieser Hinsicht ist schon die Version von Dr. Franz Bock 6, wenn dieser schreibt: „An Stelle des alten Kastells erbaute der Erzbischof Theoderich II. von Trier (1212 – 1242) im Jahre 1229 (!) eine größere Burg; Kyllburg befindet sich nämlich später nicht mehr im Prümer Besitz, sondern erscheint stets unter den Ortschaften, deren Eigentumsrecht den Trierer Erzbischöfen von den Kaisern bestätigt wird.“

Im Interesse der ortsgeschichtlichen Wahrheitsfindung, insbesondere auch im Hinblick auf die eigentliche Bedeutung des Kyllburger Wappensteins, dürfte es angebracht sein, diese kaiserlichen Bestätigungen der Eigentumsrechte einer aufmerksamen Betrachtung zu unterziehen.

In der Ausgabe 86/1962 Nr. 246 berichtet der „Trierer Volksfreund“ über einen Vortrag, den der aus Niederweis stammende Mittelschullehrer P. Neu im Rahmen der „Arbeitsgemeinschaft westdeutsche Landesund Volksforschung“ gehalten hat.

Unter dem Titel: „Die Abtei Prüm im Kräftespiel zwischen Rhein, Mosel und Maas“ schildert der Redner eingehend den Kampf der Prümer Äbte um ihre Eigenständigkeit sowie gegen die Bevormundung durch Trier. „Schon um 1230 wurde von Trier aus geplant, ein Suffragan-Bistum zu errichten. Dieser Plan kam durch Intervention der als Visitatoren eingesetzten Äbte von Himmerod und Villers beim Papst zu Fall. 1338 – 40 macht sich im Prümer Konvent eine Spaltung bemerkbar. Einige Mönche schworen dem Erzbischof den Treueid. Balduin nutzte diese Situation und streckte dabei auch seine Hand nach den begehrten Vogteiburgen Schönecken und Schönberg aus. 1340 gelingt es ihm, einem seiner Anhänger die Abtwürde zu verschaffen, und Kaiser Karl stimmt der Inkorporation bei. Balduin kann zeitweise uneingeschränkt regieren. Erst nach seinem Tode 1354 erwirbt Prüm seine Selbständigkeit zurück. Um 1376 sichert sich Kurtier vor der Wahl Wenzels zum deutschen Kaiser erneut die kaiserliche Zustimmung zur Inkorporation. Die beiden Vogteiburgen Schönecken und Schönberg gehen für immer als Pfänder in Trierer Besitz über. Um das Ende des 14. Jahrhunderts gibt auch der Papst seine Zustimmung zur Inkorporation. Einigen Mönchen wird der Eid abgenötigt, von dem der Papst sie aber später wieder entbindet, da er erwiesenermaßen erpreßt worden sei. Erst im 15. Jahrhundert gelingt die völlige Lösung des Klosters aus Trierer Abhängigkeit.

Ein erneuter Vorstoß Triers liegt in der Zeit von 1470 – 1480. Papst Sixtus ordnet erneut die Inkorporation des Klosters in den erzbischöflichen Besitz um 1476 an. Anlaß zu feindseliger Haltung bietet vor allem ein Bündnis der Abtei mit dem Burgunderherzog Karl dem Kühnen. Gegen eine Bezahlung von 9000 Gulden, die in Raten abgetragen werden soll, verzichtet Kurfürst Johann von Baden schließlich auf die Verwaltung der Abtei. Nochmals ist die Selbständigkeit des Klosters gerettet. Im Jahre 1576 geht es dann endgültig in die Hand des Erzbistums Trier.“

Um den Eindruck eines rücksichtslosen Machtstrebens der Trierer Erzbischöfe abzuschwächen, weist P. Neu am Schlusse seiner Ausführung auf die im Jahre 1220 beginnende Auseinandersetzung des Erzbischofs Engelbert von Köln mit dem mächtigen Limburger hin, als dieser Ansprüche auf Prüm geltend machte. Heftige Auseinandersetzungen waren die Folge. „Der Erzbischof von Trier mußte in den damaligen Auseinandersetzungen befürchtet haben, daß Prüm in die Hand Kölns oder Luxemburg-Limburgs gelangen könnte, und versuchte deshalb, einen Keil in diese Mächtegruppe zu schieben. „Nach dem Tode des Prümer Abtes Friedrich (1244) war der damalige Papst Innozenz 1V. damit einverstanden, die Verwaltung der Abtei Prüm dem Trierer Erzbischof Arnold zu übergeben.“

Wenn der Papst Innozenz IV. nach dem Tode des Abtes Friedrich von Prüm (1244) mit der Verwaltung der Abtei durch den Erzbischof Arnold von Trier einverstanden war, so kann hieraus keinerlei Besitzrecht hergeleitet werden.

Interessant ist diese päpstliche Zustimmung insofern, als der Vertrag des Erzbischofs Arnold mit dem Abt Joffrid von Prüm i. J. 1256 in ein neues Blickfeld gerückt wird. Zudem steht dieser Wortlaut in direktem Gegensatz zu der oben angeführten Textstelle von Dr. Franz Bock. Was nun die an gleicher Stelle erwähnte Bestätigung der Eigentumsrechte durch deutsche Kaiser anbelangt, so sei darauf hingewiesen, daß sowohl Kaiser Karl IV. (1346 – 1878) als auch sein Sohn, der deutsche Kaiser Wenzel oder Wenzeslaus (1378 – 1410) ihre Zustimmung zur Inkorporation gegeben haben, was nicht unbedingt mit einer Bestätigung der Eigentumsrechte gleichgesetzt werden muß. Auch bleibt hierüber zu bemerken, daß beide Kaiser dem Hause Luxemburg angehörten, so daß unter dem Eindruck familiärer Protektion neue Gegner der Einverleibung auf den Plan gerufen wurden, was diese Zustimmung weitgehend illusorisch machte.

Jedenfalls mußten es sich die vor 1576 regierenden Trierer Erzbischöfe versagen, ihr Wappen als Hoheitszeichen im weltlichen Bereich des Klosters Prüm öffentlich zu zeigen. (Diese Beschränkung galt jedoch nicht für den kirchlichen Bereich oder käuflich erworbenes Privateigentum.)

Nur unter diesem Aspekt wird es verständlich, wenn das Wappen des Erzbischofs Johann von Schönenberg erstmalig als Hoheitszeichen der Trierer Kurfürsten über dem Torbogen der Stadtbewehrung Kyllburgs erscheint. –

Eine auffallende Parallele zur geschichtlichen Entwicklung der Kyllburg liefert die Burg Mürlenbach im Kylltal, unweit Kyllburgs. So lesen wir bei Wackenroder (Die Kunstdenkmäler im Kreise Prüm) folgendes hierüber: „Die erste urkundliche Erwähnung der Burg geschieht i. J. 1331… Als Erbauer der Burg wäre der Abt Heinrich von Prüm anzusehen, der aus dem Geschlechte von Schönecken i. J. 1291 Abt geworden war. Die auf Mürlenbach bezüglichen Urkunden des 14. Jahrhunderts (im Staatsarchiv Koblenz) zeigen uns auch hier die Nöte der Abtei Prüm um ihre Selbständigkeit.“

„Zweimal mußte die Burg Mürlenbach sogar mit Waffengewalt gegen den Erzbischof Richard von Greiffenklau verteidigt werden, das erste Mal 1511, und ein zweites Mal 1513… Im Jahre 1576 kam die Burg mit den übrigen Besitzungen der Abtei in die Hände des Kurfürsten von Trier.“

Bei der Beschreibung der Burg heißt es dann weiter S. 11: Das Wappen des Kurfürsten Johann von Schönberg vom J. 1598 hat sich auf dem Schlußstein eines Torbogens erhalten, jetzt in der Nordfront des ehemaligen Pallas eingemauert. Er soll „von einem Turm im Schloßhofe“ stammen, nach einer Notiz im Staatsarchiv Koblenz befand er sich ,im Schloß auf einer Thüre‘ und dasselbe Wappen auf einem Kamin‘.“ – Die späte Datierung dieses Wappensteins dürfte auf zweierlei Gründe zurückzuführen sein: Es ist möglich, daß der Erzbischof notwendig gewordene Renovationen oder größere Umbauten der Burg vornehmen mußte, und daß er zum Abschluß dieser Arbeiten sein Wappen einbauen ließ; oder aber die Übernahmeverhandlungen des weit verstreut liegenden Klosterbesitzes zogen sich jahrelang hinaus, zumal die Rechte Dritter hierbei berücksichtigt werden mußten.

Auf alle Fälle weist aber auch dieses Wappen im ehemaligen Prümer Burgbereich die Persönlichkeit des Trierer Kurfürsten als neuen Burgund Gebietsherrn aus.

Während nun das Wappen des Erzbischofs hier in Mürlenbach für sich alleinstehend einen Torbogen ziert, begegnen wir ihm in der Salvatorkirche in Prüm wiederum in Verbindung mit dem Wappenbild eines alten Stadtsiegels. Bei der Schilderung der Innenausstattung dieser ehemaligen Abteikirche lesen wir bei Wackenroder (Kunstdenkmäler des Kreises Prüm S. 152) u. a. wie folgt: „Die Kanzel von Sandstein ist nach dem Wappen auf der Front ein Geschenk des Trierer Erzbischofs Johann von Schönenberg und nach der Signatur H. R. H. B. eine Arbeit aus der Werkstätte des bekannten Meisters der Trierer Domkanzel und des Marktbrunnens Hans Ruprich Hoffmann und dürfte in den neunziger Jahren entstanden sein.. Die Kanzel zeigt reich bewegte und bunt wirkende Hochreliefs… Das Relief mit der Taufe Christi zeigt die Signatur des Meisters, darunter das Wappen des Erzbischofs in Medaillonform mit dem Prümer Lamm.“ Im Zusammenhang hiermit weist Wackenroder noch auf folgendes hin: „Der Vorgänger des Erzbischofs Johann von Schönenberg, der Trierer Erzbischof Jakob von Eltz (1567 bis 1581) war i. J. 1576 zugleich Abt von Prüm geworden und hatte dieVerpflichtung übernommen, für den Unterhalt der Abteigebäude zu sorgen. Der letzte Abt Christoph von Manderscheid hatte bereits vorgehabt, die seit Mitte des 16. Jahrhunderts baufällig gewordene Abteikirche wieder herzustellen. Das geschah dann erst unter seinem Nachfolger, dem Erzbischof Johann von Schönenberg, in durchgreifender Weise“….

Im Anschluß an diesen Vorgang stiftet der Erzbischof dem nun erneuerten Gotteshause die kostbare Kanzel. An sich hätte das Einzelwappen genügt, den Erzbischof als Donator dieses überaus wertvollen liturgischen Gebrauchsgegenstandes herauszustellen. Statt dessen weist ein Doppelwappen in Medaillonform darauf hin, daß hier noch ein zweites, wichtigeres Ereignis im Bilde festgehalten werden soll. Indem nun das kleinere Medaillon mit dem Prümer Lamm im Schnittpunkt der Kreuzbalken Kurtriers erscheint, also zentral in dessen Wappenfeld eingegliedert ist, löst sich die Frage nach der Symbolik dieser Wappenvereinigung von selbst.

Sehen wir nun von der äußeren Form ab, so haben wir im Prümer Kanzelwappen ein echtes Pendant zum Kyllburger Wappenstein vor uns; denn in beiden Fällen handelt es sich um die Vereinigung des erzbischöflichen Wappens mit einem kirchlichen Wappenbild, das gleicherweise hier wie dort dem Prägebild des amtlichen Stadtsiegels angepaßt ist, und in beiden Fällen stellt diese „Wappenallianz“ eine in Stein gemeißelte Dokumentation der Einverleibung des Fürstentums Prüm in den größeren Verband des Kurfürstentums Trier dar. Und gleichwie das Prümer Kanzelwappen die enge Verbundenheit des Erzbischofs mit der Abteikirche zum Ausdruck bringt, läßt sich aus dem Kyllburger Wappenstein eine persönliche Bindung des Erzbischofs Johann von Schönenberg an die Stiftskirche Unserer Lieben Frau auf dem „Kiliberg“ herleiten.

100-0028_IMGHiermit hat es nun folgende Bewandtnis: Im Chorraum dieses „Eifel Doms“ befindet sich auf der Evangelienseite eine überreich ausgestattete Grabplatte von hohem Rang und seltener Art. In einer halbkreisförmig abgeschlossenen und von zwei Pilastern umrahmten Nische kniet ein Ritter in voller, reich ornamentierter Rüstung in betender Haltung. Rechts und links von dem beinah in Lebensgröße dargestellten Edelmann hängen je vier Ahnenwappen an den Pfeilern herab. Oben zur Rechten sehen wir das Wappen von Schönenberg und zur Linken das Wappen derer von Nickenich. Unter Schönberg folgen: von der Leyen, Dürkem, Wiltz, und links unter Nickenich: Bourscheid, Walpoet (zu Ulmen) und Krueff (Kröv) (mit dem Dauner Gitter.) Dicht über dem Antlitz des noch jugendlichen Edelmannes, der mit porträthafter Beseeltheit in Richtung Ost zum Hochaltar hinüberblickt, schwebt ein Engelchen hervor, gerade noch so weit sichtbar, als es mit ausgebreiteten Ärmchen ein wuchtiges Schriftband zu stützen vermag, dessen Breite sich von Band zu Rand der Grabplatte erstreckt. Hier lesen wir nun: „ANNO 1540 DEN 17. SEPTEMBRIS IST VERSTORBEN DER EDEL UND ERENVEST JOHAN VON SCHÖNENBURCH HER ZU HARTELSTEIN UND ULM DEM GOT GNADICH UND BARMHERZIG SEIN WYL IN EWIGKEIT AMEN.“

Noch ist mit diesem Identitätsnachweis die Würde dieses edlen und ehrenfesten Ritters Johann von Schonenburgh nicht erschöpfend charakterisiert:

Im Gegensatz zu der reich skuptierten Wappenzier des Pfeilerpaares tritt ein feines Detail in den Hintergrund, das die erhabenste Auszeichnung für einen Ritter der damaligen Zeit verkörpert. Es befindet sich nämlich „auf der Kniebank ein Wappenschildchen mit drei Tatzenkreuzen.“ Diese Feststellung von Wackenroder ist jedoch rein oberflächlicher Art und daher irreführend. Ein scharfsinniger Beobachter wird in diesem Signum den kniend Dargestellten als ein Mitglied des „Ordens vom Goldenen Vlies“ erkennen.

Die Außergewöhnlichkeit dieses Emblems auf einer Grabplatte der Kyllburger Stiftskirche gibt Veranlassung, auf die Bedeutung dieses Ordens etwas näher einzugehen. Wir lesen hierüber bei „Meyers Lexikon“ unter „Goldenes Vlies„:

Der Orden vom Goldenen Vlies (ordre de la toison d’or, Aureum Vellus, Toisonorden), österreich. und span. Orden, wurde von Philipp dem Guten, Herzog von Burgund, 10. Jan. 1429, dem Tag seiner Vermählung mit Isabella von Spanien zu BRVGGE, „zum Lob und Ruhm des Erlösers, der Jungfrau Maria und des heil. Andreas wie zum Schutz und zur Förderung des christlichen Glaubens und der heiligen Kirche, zur Tugend und Vermehrung guter Sitte gestiftet.“

Die Benennung des Ordens beruht wahrscheinlich darauf, daß Philipp damit auf den Kreuzzug nach Syrien, den er vorhatte, als auf einen neuen Argonautenzug hat hindeuten wollen. Die Stiftungsurkunde datiert aus RETHEL (bei Reims) vom Januar 1431; die ersten Statuten erschienen in 66 Kapiteln zu LILLE 27. November 1434, denen im HAAG 1456 noch 21 hinzugefügt wurden. Von Anfang an war es Bedingung der Aufnahme, von altem, unbescholtenem Adel zu sein und hervorragende Dienste geleistet zu haben. In den ersten zwei Jahrhunderten wurde der Orden, der stets nur eine Klasse hatte, nur an Fürsten und Edelleute von höchstem Rang verliehen. Das Ordenskapitel, das aus sämtlichen Rittern bestand und anfangs jährlich, später alle drei Jahre sich versammeln sollte, zuletzt aber nur, wenn der Ordensmeister berief, zusammenkam, ernannte die Ritter durch absolute Stimmenmehrheit. In den Kapiteln wurde strenge Zensur über alle Ritter geübt, Strafen und Verweise erteilt. Die Ritter hielten fest zusammen, jede Unbill war der Gesamtheit geschehen, für gefangene Ritter mußte das Lösegeld aufgebracht werden. 1559 ward das letzte Kapitel abgehalten. Philipp der Zweite hatte von Papst Gregor XII. die Erlaubnis erhalten, die Ritter selbst zu benennen. Damit wurde der Orden ein anderer, und die Zahl der Ritter (bislang 31) war von da an unbestimmt… Alle Rundschreiben wurden nur in französischer Sprache erlassen. Im ganzen wurden seit der Gründung, also von 1429 bis 1871: 975 Vliese verliehen. Das Ordenszeichen ist ein goldenes Widderfell, das an einem blau emaillierten, flammenspeienden Feuerstein hängt. Dies Zeichen wird an Feiertagen an einer aus Feuerstählen und flammenspeienden Feuersteinen (dem Emblem Burgunds) bestehenden Kette, sonst an rotem Band getragen… Der Tag des Ordensfestes ist in WIEN der St. Andreastag oder der darauf folgende Sonntag. Am Dreikönigstag ist in der Hofkirche Toisonamt. (Infolge Vermählung Marias von Burgund mit dem Erzherzog Maximilian von Österreich ging die Großmeisterstelle des Ordens nach den Statuten an das Habsburger Haus über.) Der Orden hat einen Kanzler, einen Schatzmeister, Greffier und Wappenkönig.

Über die kostbare Ordenskleidung mag sich der Leser selbst orientieren, die Beschreibung derselben muß aus Gründen der Raumbeschränkung unterbleiben.

Auf die Symbolik der einzelnen Wappenbilder kann hier nicht näher eingegangen werden. Nur soviel sei hierüber gesagt, daß diese sogenannten Heroldsfiguren zu den ältesten und hervorragendsten Ehrenzeichen der Heraldik gehören.

Jedes einzelne Wappen gibt Kunde von ruhmvollen Ahnen und ihren ritterlichen Tugenden, von Tapferkeit und Frömmigkeit, von Zucht, sittlicher Würde und Gerechtigkeit. Jedes einzelne Wappen war ein Leitbild der Erziehung für die nachrückende Generation.

Allzu deutlich spricht die solcherart hochgezüchtete und kultivierte Grundhaltung aus dem Portrait des adeligen Kriegers und Edelfreien Johann von Schonenburg, dem Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies.

Diese zur damaligen Zeit außerordentlich seltene persönliche Dekoration sollte noch überstrahlt werden von einem anderen Dekor, der dem ganzen Geschlecht zur höchsten Zierde und zu unvergänglichem Ruhm gereichen sollte. Wir werden gleich erraten können, um welch kostbaren Schmuck es sich in diesem Falle handelt!

Außer dem hier geschilderten Grabmal birgt die Stiftskirche noch zwei weitere Epitaphien von Mitgliedern des Hauses von Schonenburg.

So befindet sich in unmittelbarer Nähe der Kanzel u. a. ebenfalls ein Renaissance-Grabstein, der einen Herrn von Schonenburg zeigt. Unter einer Muschelnische steht die Figur dieses Ritters in voller Uniform. Da diese Grabplatte ursprünglich in den Erdboden eingelassen war, ist sie stark abgetreten, so daß die Beschriftung fast erloschen ist. Jedoch sind die Wappen noch gut zu erkennen: Oben rechts Schonenburg und links Weyer-Nickenich; unten rechts von der Leyen und links Bourscheid.

Aus dem Kircheninnern führen zwei Eingänge in den an Tier- und Pflanzenornamenten überaus reichen, gotischen Kreuzgang, an dessen Südflügel wiederum eine Anzahl von Grabsteinen aufgestellt ist. Unter diesen fällt ein besonders reich skulptiertes Grabmal, auf dessen Mittelfeld auf einem Rundschild von ca. 65 cm Durchmesser das „Große Wappen“ von Schonenburg erkennen läßt. Über demselben befindet sich oben rechts ebenfalls Schonenburg und links Brohl-Braunsberg, unten rechts Nickenich und links Dalberg.

Das an der Oberkante des Epitaphs beginnende Spruchband lautet: „ANO 1599 DEN II JANUARII IST VERSTORBEN DER WOLEDEL UND GESTRENG GODTHARDT V SCHONENBURG SON ZU HARTELSTEIN U ULMEN C?MRI TRIER RATH UND AMPTMAN V DAUN COCHE UND ULMEN JOACH V SCHOB UND CLARN VON BRAUS-BERG EHL JUGS SON GOT?

Hinsichtlich der Genealogie des Hauses von Schonenburg (Schöneberg) ist gerade dieser Grabstein insofern von besonderer Bedeutung, als Umschrift und Blasonierung es ermöglichen, die umstrittene Abstammung Johanns genauer zu fixieren.

Nach Humbracht soll dieser ein Sohn Joachims gewesen sein. Wenn dem so wäre, müßte das Brauneberg Schöneberg er Wappen ebenfalls auf dem Grabmal des edlen Ritters Johann zu finden sein. Nun aber erscheint dessen Wappenbild Weyer-Nickenich auf dem Epitaph Godhards, womit dieser als Enkel und sein Vater Joachim als Sohn Johanns in die Geschlechterreihe einzuordnen sind.

Es kann sich hier nicht darum handeln, den Stammbaum des Geschlechts derer von Schöneberg in seinem ganzen Umfang aufzuzeigen, sondern es sollen lediglich die Familienverhältnisse herausgestellt werden, die für die engere Thematik von Wichtigkeit sind.

Nach zuverlässigen Angaben, die Lehrer Jakob Meyer, Trier, den dortigen Archiven entnommen hat, entstammen der Ehe Johanns von Schöneberg mit Elisabeth von Weyer-Nickenich zehn Kinder, von denen acht hier namhaft gemacht werden:

  1. Hugo: Oberchorbischof in Trier, 29. XII. 1572. Er starb am 16. 9. 1581. An einem der Türme von Hof Diesburg
  2. Ruwer war das Wappen Hugos angebracht. (Der Hof Diesburg gehörte den Schönbergs.) (Begraben in der Laurentiuskirche Trier. Schönes Grabmal mit Wappen.) b) Georg: Fürstbischof zu Worms seit 1580; er starb am 11. VII. 1595. (Sein Grabmal im Dom zu Mainz).
  3. Joachim: Herr zu Hartelstein und Ulmen, Amtmann zu Schönecken 1540; 1548 war er verheiratet mit Clara von Braunsburg. Er hatte mehrere Kinder darunter Gothard, Amtmann zu Bernkastel 1587, und Hugo Augustin, Amtmann zu Schönecken, Schönberg, Prüm.
  4. Wilhelm: Domdechant zu Worms, gestorben 1571.
  5. Hans Valentin: pfälzischer Amtmann zu Stromberg, gestorben 1581.
  6. Johann: Kurfürst von Trier, geb. 1525, Domprobst 1570, Kurfürst ab 1581, gest. 1591.
  7. Daniel: Deutschordensritter.
  8. Anna: verheiratet mit Philipp Kratz von Scharfenstein.

Hierzu wäre nun noch folgendes zu sagen:

Der unter a) angeführte Oberchorbischof Hugo von Schöneberg dürfte mit dem bei Föst (Kyllburg einst und jetzt) erwähnten Amtmann Hugo v. Schöneberg identisch sein. Nach der Amtspfandverschreibung durch Kurfürst Johann V. von Trier an das Domkapitel oblag die Verwaltung des Amtes Kyllburg ab 1547 dem jeweiligen Domdechanten. Im Jahre 1558 erläßt Hugo von Schonenburg eine Verordnung für Bäcker und Wirte Kyllburgs, eingangs deren er allen und jeden Brotbäckern und Wirten der STATT KILBURG seinen Gruß und alles Gute entbietet.

Zu h): Die mit Philipp Kratz von Scharfenstein verheiratete Tochter Anna von Schonenburg war die Mutter des Domdechanten Hugo Cratz von Scharfenstein, später Dompropst, ebenfalls in Trier, Laurentiuskirche, beigesetzt. Als Domdechant und Amtsherr von Kyllburg mußte er sich der luxemburgischen Übergriffe auf sein Amt Kyllburg erwehren. So erwähnt K. Föst ein Schreiben des Kurfürsten Lotharius von Metternich an den Domdechanten und Amtsherrn von Kyllburg vom Jahre 1620 wegen dieser Übergriffe. Ein Fenstersturz des Souterrains der Volksschule Kyllburgs ist mit dem von Cratz von Scharfenstein’schen Familienwappen geziert und trägt die Initialen: H C V S. (Die Schule wurde nach Abbruch des alten Burg-Palas an dessen Stelle errichtet.)

Bei dem Grabmal an der Südwand der Stiftskirche in unmittelbarer Nähe der Kanzel handelt es sich sehr wahrscheinlich um dasjenige des Deutschordensritters Daniel von Schonenburg, da die Rüstung des Dargestellten dieser Ordenstracht entspricht.

Mittlerweile konnten wir feststellen, welch hervorragenden Platz der im besten Mannesalter verstorbene und im Chor der Stiftskirche zur letzten Ruhe gebettete Edelmann Johann von Schonenburg in der Ahnenreihe seines Geschlechts einnimmt.

Im Hinblick auf diese Grabstätte konnte es nicht ausbleiben, daß sein Sohn, der Erzbischof und Kurfürst Johann VII. von Trier, ein besonders inniges Verhältnis zur Stiftskirche Unserer Lieben Frau gefunden hat, was naturnotwendig eine engere persönliche Bindung an die Stadt Kyllburg im Gefolge hatte.

Diese zweiseitige Verbundenheit findet in der Symbolik des Wappensteins beredten Ausdruck dadurch, daß der Erzbischof sein Wappen mit dem Wappenbild des alten Stadtsiegels vereinigte. Gleichzeitig aber wird mit dieser Wappenallianz die nunmehr rechtsgültig erfolgte Inkorporation des Prümer Anteils am Kiliberg in das Erzstift Trier beurkundet.

Aus Zweckmäßigkeitsgründen wird an dieser Stelle noch einmal auf die weiter oben zitierte Textstelle von Dr. Bock hingewiesen: „Kyllburg befindet sich nämlich später nicht mehr im Prümer Besitz…“ Dr. Bock stützt diese These mit dem Hinweis darauf, daß Kyllburg zu den Ortschaften gehört, deren Eigentumsrecht den Trierer Erzbischöfen von den Kaisern bestätigt wird. Er übersieht jedoch, daß im Falle Kyllburg die formal-juristische Grundlage für eine solche Bestätigung nicht vorhanden war.

Obwohl vorübergehend in Frage gestellt, verblieb das Eigentumsrecht am Kiliberg dem Kloster Prüm noch nach wie vor. Erst nach Beendigung der eingangs geschilderten Machtkämpfe ging mit der Einverleibung des Klosterbesitzes auch das Besitzrecht am Kiliberg automatisch an das Erzstift über.

Bezüglich dieser Auseinandersetzungen sei nachträglich noch folgendes vermerkt: Wenn die Trierer Erzbischöfe in Verfolg der Inkorporation den Hirtenstab mit dem Schwert vertauschten, so war nicht etwa Machtgier oder Herrschsucht die Triebfeder ihres Handelns, sondern hohe priesterliche Verantwortung gegenüber Christus und seiner Kirche.

Der große Reichtum des sich ständig noch mehrenden Klosterbesitzes hatte gewisse Zerfalls- und Entartungserscheinungen zur Folge, die mit der ursprünglich gelobten uneigennützigen, auf Entsagung und Verinnerlichung abgestellten Lebensführung eines Mönches nicht mehr zu vereinbaren waren.

Kennzeichnend für diese Lockerung der Klosterzucht ist die Tatsache, daß Abt Heinrich im Jahre 1291 mit den Mönchen einen Vertrag schließen mußte, der eine Teilung der Güter und Einkünfte vorsah.

Diese im 14. und 15. Jahrhundert vollzogene Gütertrennung war in hohem Maße schuld daran, daß unbedingt notwendig gewordene Restaurierungsarbeiten an der alten Basilika und den übrigen Klosteranlagen nicht vorgenommen werden konnten (Wackenroder).

Angesichts dieser Mißstände, die in einer vom Ruf nach Reformen geschwängerten Epoche ernste Gefahren für die Gesamtkirche heraufbeschworen, waren die Erzbischöfe gezwungen, die Verwaltung und Einverleibung des Klosterbesitzes mit allen zweckdienlichen Mitteln zu betreiben.

Nach erfolgter Inkorporation führten die Trierer Erzbischöfe den Titel „ADMINISTRATOR PRUMIENSIS“. Das Prümer Lamm wurde in das landesherrliche Wappen der Kurfürsten eingegliedert.

Für das Prümer Land und die weithin zerstreut liegenden Exclaven vollzog sich dieser Vorgang fast unbemerkt. Besonders unauffällig ging der Wechsel der Grundherrschaft im Bereich der Kyllburg vonstatten, da hier lediglich ein seit Jahrhunderten bestehender Zustand rechtsverbindlich sanktioniert wurde.

Nichtsdestoweniger beginnt mit diesem Zeitpunkt für die alte Stadt am Kiliberg ein neuer Geschichtsabschnitt, der durch die Wappenverleihung des neuen Landesherrn auch nach außen hin in Erscheinung treten sollte. Aus diesem und andern verwaltungstechnischen Gründen mußte das urtümliche Stadtsiegel diesem Wandel der Zeiten angepaßt werden.

Demzufolge finden sich in den Akten der Stadt Kyllburg noch Urkunden aus früherer Zeit, die das Amtssiegel in erweiterter und verbesserter Form ausweisen, das nun als Umschrift folgenden Wortlaut trägt:

„FREYHEIT STADT KILLBURG UND WAPFEN 1583“

Wer über ein einigermaßen gesundes Gefühl für Zusammenhänge verfügt, wird in dem Nachsatz „UND WAPFEN 1583“ ohne weiteres einen Hinweis auf die Veränderung oder Verbesserung eines vorher existent gewesenen Stadtsiegels erblicken.

Aus lokalen und personalen Erwägungen heraus hat der Erzbischof Johann v. Schöneberg der „FREYHEIT STADT KILLBURG“ sein Wappen verliehen. Es läßt sich heute nicht mehr feststellen, ob dieser besondere Huld– und Gnadenerweis durch einen formellen Wappenbrief erfolgt ist. Doch darf als sicher angenommen werden, daß Wortlaut und Prägebild dieses Stadtsiegels mit der Wappenverleihung in einem urkundlichen Zusammenhang stehen.

Offensichtlich ist der Kyllburger Wappenstein eine seiner Größe entsprechende, leicht veränderte Wiederholung dieses leider auch verschwundenen Signets.

Erfreulicherweise aber ist dieser trotz mannigfacher Gefährdung unbeschädigt erhalten geblieben. Es ist daher ein hohes Anliegen für die Bürger der Stadt Kyllburg, dieses kostbare Kleinod auch künftighin in ihren besonderen Schutz zu nehmen, damit ihre Enkel und Urenkel beim Anblick dieses steinernen Zeugen einer großen Vergangenheit sich mit Stolz zu ihrer Vaterstadt bekennen und deren außergewöhnliche Tradition als Verpflichtung anerkennen!

Einen Kommentar verfassen