Eifelvereinsblatt 1924, Nr. 10, S. 90-92 Von Hauptlehrer Heinrich Gueth
Hauptvorstandssitzung in Kyllburg! Das wird ein feiner klangvoller Auftakt zu einem seltenen goldenen Jubiläum. Kann doch Kyllburg im Frühjahr 1925 das 50-jährige Bestehen seines Verschönerungsvereins hervorging, feiern.
Es war am 14. 4. 1875, da gründeten 34 Kyllburger Bürger einen Verschönerungsverein, welcher bezweckte “die Verschönerung Kyllburg, besonders seiner von der Natur so bevorzugten Umgebung.”
“Außerdem”, heißt es in den Gründungsakten, “wird es das Bestreben des Vereins sein, den Schönheitssinn im Allgemeinen zu wecke und zu beleben.” Und was die Gründer des Vereins vor 50 Jahren in heller Begeisterung und warmer Liebe zu ihrer schönen Heimat beschlossen, das haben sie treu gehalten. Fünf dieser Gründer können heute noch mit hoher Freude und Befriedigung und geistiger Frische die Erfolge ihres Vereins genießen und sind z. T. auch heute noch im Sinne ihrer vor 50 Jahren unterschriebenen Statuten tätig. Indem ich ihre Namen nenne, beglückwünschen wir sie zu ihrer langen Tätigkeit im Dienste der Heimat und wünschen ihnen: ad multos annos! Es sind die Herren Jos. Quirin, Carl Friderichs, Jak. Kronibus, Förster Lang und Franz Simon.
Wenn ich die schon vergilbten Blätter des Vereinsbuches durchblättere, staune ich über den Unternehmungsgeist und den Mut, womit der Verein manches große und schwierige Werk in Angriff nahm und zum glücklichen Abschluß brachte. doch wozu brauche ich ein Buch! Man darf sich nur offenen Blickes umschauen und ins volle Leben hineingreifen, so findet man allüberall, sei es im Städtchen selbst, sei es in der näheren und weiteren Umgebung, die Erfolge einer segensreichen 50-jährigen Vereinstätigkeit: Blitzsaubere Straßen, herrliche Promenaden mit lauschigen, idyllischen Plätzchen, Hunderte von Bänken, stilvolle Pavillons, zierliche Stege und Brückchen aller Art. Ueber alles emporragend der zu einem Aussichtsturm ausgestattete Wehrturm der alten Burg. Und wenn es am Abend hoch oben auf dem Rosenberg aufflammt und im magischen, electrischen Strahlenkranze die Madonna hoch vom Aussichtsturm “Mariensäule” mild in das gesegnete Tal herabschaut, ergreift jeden gar mächtig ans Herz rührend der Zauber heißer, unvergänglicher Heimatliebe und man versteht die Macht der Anziehungskraft dieses Fleckchens Erde.
Schon vor der Gründung des V.-V. wurde Kyllburg von Fremden besucht. Die gute alte Postkutsche brachte vom Staffelstein und von Wittlich her manchen Naturfreund, und auf kecker fröhlicher Wanderfahrt zog manch fröhlicher Bursch ins Städtlein ein. Wahrlich, es hat keiner so trübe Erfahrung gemacht, wie der Dichter des Deutschlandliedes Heinrich Aug. Hoffmann von Fallersleben, der auch als Student im Jahre 1819 von Bon aus die Eifel durchwanderte. Im allgemeinen aber lag vor 1871 Kyllburg im Dornröschenschlaf, bis es gründlich geweckt wurde von dem schrillen Pfiff der Eifelbahn, welche 1871 dem Verkehr übergeben wurde und auch Kyllburg eine Station bescherte. mit Staunen und Verwunderung schauten die Fahrgäste auf die Fahrt durchs Kylltal herrliche Täler, wildromantische Schluchten, liebliche Wiesen; und was sie nicht sahen, das war das, was die Vettern und Basen draußen so arg viel Gruseliges von der so verkannten, weil unbekannten Eifel zu salbadern wußten. Von jetzt an ging es aufwärts mit dem Fremdenverkehr in der Eifel besonders in Kyllburg. Der Gäste wurden so viel, daß die Gründung des Verschönerungsvereins eine Notwendigkeit war, um es den “Kurfremden” angenehm und behaglich zu machen. zu den Freunden und Gönnern Kyllburgs gehörte auch lange Jahre der Eifelvater Dr. Dronke, und als dieser aus warmer Liebe und Begeisterung zur Eifel 1888 den Eifelverein schuf, trat der Versh.-V. Kyllburg als eine der ersten Ortsgruppen dem “Eifelverein” bei und ist ihm treu geblieben, und wenn man den schönen “Dronkeweg” in unserem Naturpark “Hahn” durchwandert, so erblickt man auf einmal inmitten zweier knorrischer, deutschen Eichen in hübscher Anlage das Dronkedenkmal, darauf auf weißer Marmorplatte die Inschrift: “Dem Eifelvater Dr. Dronke in dankbarer Erinnerung.”
Wenn auch die meisten Gäste Kyllburgs nur Natur sehen und genießen wollen, so gibt es doch auch nicht wenige, die auch in geschichtlichen, besonders mittelalterlichen Erinnerungen schwelgen wollen; denn der Name Kyllburg verspricht doch zum mindesten eine alte Burg und wo eine solche ist, blüht zumeist auch die blaue Blume der Romantik.
Auch in dieser Beziehung braucht Kyllburg nicht vor den Perlen der Eifel zurück zu stehen.
Auch Kyllburg hat eine reiche Geschichte, umrankt von einem blütenreichen Kranz von Sagen und Legenden.
Zunächst stellt sich der moderne Kurort Kyllburg vor als das alte Kiliberga castrum, dann Kielebergh, dann Kilburg und zuletzt Kyllburg.
Es gehörte Bedagan und war in keltischer Zeit eine Hauptstätte des Götzenkultus. Soll doch der Name des Naturparkes “Hahn” entstanden sein aus heiliger “Hain”. es ist anzunehmen, daß nach den Kelten die Römer hier eine Niederlassung hatten. Die große nähe der alten Römerstraße und mancherlei Fundstücke sprechen sehr dafür. In der fränkischen Zeit wurde, wahrscheinlich von Pipin, die ursprüngliche Maximinkirche erbaut, 672 oder 720.
Auf ganz historischen Boden begeben wir uns erst, wenn wir die Zeit der Erbauung der Burg mit 1229 angeben. Sie wurde von dem Erzbischof Theoderich II. (v. Wied) erbaut, um an den Grenzen der Besitzungen Walrams v. Limburg, Herrn v. Montjoie, der damals den Kölner Erzbischof Heinrich I. befehdete, einen festen Platz zu haben. Theoderich II. setzte mehrere Burgmannen in die Kyllburg und gab ihnen Burglehen mit der Verpflichtung, stets zur Verteidigung der Burg bereit zu sein, oder doch einen Ritter nach Kyllburg zu setzen. unter den Burgmännern des 14. Jahrh. wurde später berühmt der König Johann v. Böhmen, Graf v. Luxemburg, der “Blinde König”. Gefallen in der Schlacht bei Crequi, beigesetzt im Königsgrab an der Saar bei Kastell.
Arnold II. v. Isenburg, † 1259, baute um den Ort, welcher sich auf dem Burgberg entwickelte, eine Mauer, und Johann VII. v. Schöneberg gab dem Ort 1583 (1589) Stadtrechte. Auf dem Plateau des Berges baute der Erzbischof Heinrich von Vinstingen (1276) die Stiftskirche und gründete eine Colegiatstift. Zur Zeit des Kurfürsten Balduin († 1354) wurde Kyllburg mit 18 umliegenden Ortschaften ein kurtrierisches Amt, das im Jahre 1784 noch 2138 Seelen zählte.
Die “Revolutionszeit” (1794-1813) machte aller Stifts- und Burgherrlichkeit ein Ende. Die Stiftskirche wurde dem orte als Pfarrkirche geschenkt, die Kollegiatshäuser wurden versteigert. Die Burg zerfiel, nur die Kellnereigebäude, früher der Palas, wurden zu Gemeindezwecken benutzt.
Von der Burg ist nur noch der Wehrturm gut erhalten. Er wurde im Jahre 1910 renoviert. Der Palas mußte dem Neubau der Schule weichen (1911). Er war durch die noch erhaltene Wehrmauer mit dem Wehrturm verbunden und ergab ein Bild, das verblüffend ähnlich war der Rekonstruktion des Palas und des Wehrturms der Kasselburg von Reg.-Baumeister Zengler in Bonn.
Die jetzige Dachhaube bekam der Turm bei seiner Restaurierung im Jahre 1910. ob nicht das Dach, der Zeichnung der Rekonstruktion des Kasseler Wehrturmes eine stilvollere Lösung gewesen wäre!
In der “franz. Zeit” verlor Kyllburg auch die Stadtrechte. Es wurde der Hauptort eines Kantons im Saardepartement.
Im Wiener Kongreß endlich kam Kyllburg zum Kreise Bitburg im Regierungsbezirk Trier und ist jetzt ein lebhafter Marktflecken, und daß ich hinzusetzen kann, der besuchteste Luftkurort in der Eifel, was zum größten Teil das Verdienst der 50jährigen Tätigkeit des Verschönerungsvereins ist, aus dem, wie bemerkt, 1888 eine Ortsgruppe des Eifelvereins hervorging.
Mein Heimatort am grünen Hang,
umrauscht von wald’gen stolzen Höh’n,
Du sagenreiche Burg, dir gilt mein Sang!
O Kyllburg, mein Kleinod, wie bist du so schön!