Geschichte

Der Ringpfad 1886

Quelle: Kölnische Zeitung, Mittwoch, 05.05.1886, Nr. 142, Zweites Blatt

Luftkurort Kyllburg in der Eifel.

Endlich hat auch bei uns der Frühling seinen Einzug gehalten. Kaum graut der Tag, da eilt schon Alt und Jung, die „Hotte“ auf dem Rücken, in die Felder und Gärten, um nachzuholen, was durch den langen Winterversäumt werden mußte. Reger denn je gestaltet sich in diesem Jahre das Leben in unserm Verschönerungsverein, der sich das weite Ziel gesteckt hat, unser idyllisches Bergstädtchen immer mehr zu einem angenehmen Sommer-Aufenthalt für die im Landleben Ruhe und Erfrischung suchenden Städter zu gestalten, wozu Mutter Natur ihm ja in reichem Maße die Grundbedingungen gegeben hat, eine reine gesunde Luft und anmutige, Herz und Sinnerfreuende Umgebung. Dank einer von dem Präsidenten des Vereins in Scene gesetzten Verlosung von hübschen Handarbeiten der Damen und sonstigen kleinen Geschenken wurde die Vereinscasse flott und in den Stand gesetzt, die Kosten einer 1½ Kilometer langen, mit Ruhebänken und Waldhütte versehenen Promenade zu bestreiten. Stundenlang führt uns dieser herrliche Spazirgang, der, wie sein Name „Ringpfad“ andeutet, Kyllburg wie ein Ring umgibt, an der rauschenden Kyll entlang abwechselnd durchhohe Buchenwälder und schattige Obsthaine hinab ins Thal, bis man in den grünen Wiesen traumverloren fortwandernd plötzlich unwillkürlich den Schritt hemmt, wenn das malerisch auf einem Hügel gelegene Malberger Schloß die Blicke fesselt. Bald ist man dann in Malberg und gelangt, nachdem man sich gestärkt hat, auf der breiten bequemen Landstraße, an frischen Hopfengeländen vorbei nach Kyllburg zurück. Gegenüber dem Ringpfad auf dem Rosenberg wird auch eifrig gearbeitet; ein großes Project wird hier vorbereitet, der Bau eines Aussichtsturmes, auf dessen Spitze sich eine Marienfigur erheben soll, wofür bereits ansehnliche Summen eingegangen sind, und wahrlich einen schönern Punct konnte man nicht wählen, in vielfachen Windungen schlingt die Kyll ihr Silberband um Berge und Dörfer; unter sich Kyllburg, sieht man rechts Malberg liegen, beherrscht vom Schloß; ein wunderschönes Panorama. Noch eine Menge herrlicher Spazirgänge gibt es, von denen ich nur noch den zum alten Kloster St. Thomas, die Kyll aufwärts, erwähnen will. So können wir denn in diesem Jahre mehr denn je mit Ruhe und Zuversicht unseren Gästen entgegensehen und dürfen es wagen, Freunde der Natur und Alle, welche sich nach Erholung sehnen, einzuladen, zu uns zukommen, um hier neue Gesundheit und neue Frische zu neuer Arbeit zu finden.
Hoffen wir eine lebhafte Saison!

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