Örtlichkeiten

Erneuerung der Kyllbrücke 1874

Quelle: Deutsche Bauzeitung, Berlin, Nr. 87, 1874, S. 349-351

Umbau einer Chausseebrücke über die Kyll im Dorfe Kyllburg.

Im Baukreise Bitburg in der Eifel kommt im Laufe dieses Jahres ein kleiner, jedoch insofern interessanter Brückenbau zur Ausführung, als derselbe lehrreiche Vergleichspunkte zwischen den Kosten hölzerner, eiserner und gewölbter Oberbauten bietet. Eine Veröffentlichung über das Bauwerk dürfte daher auch in weiteren Kreisen von Interesse sein.

1874-Brückenneubau---Ansicht

Zum besseren Verständniss werde ich ausser der durch Skizzen erläuterten Beschreibung möglichst kurz die Entstehungsgeschichte des Baues geben.
Im Dorfe Kyllburg ist die Kyll zur Ueberführung der Bezirkstrasse von Prüm nach Bernkastel mit einer Brücke von 4 nicht gleichen Oeffungen bei einer gesammten Durchflussweite von 34,66m i. L. überspannt. Land – und Strompfeiler sind massiv und der hölzerne Oberbau wird bei den 3 grösseren (rechtseitigen) Oeffnungen durch doppelte Hängewerke, bei der kleineren (linkseitigen) Oeffnung durch ein einfaches Hängewerk unterstützt; auf dem Bohlenbelag der Brücke liegt noch eine Beschotterug.
Während des Baues der Eifelbahn (an welcher Kyllburg Stationsort) in den Jahren 1868—71 und auch nach der Vollendung derselben ist die Brücke vielfach mit schweren Lasten befahren, was früher nur sehr selten der Fall war und es hat dadurch der hölzerne Oberbau, welcher im
Jahre 1847 neu hergstellt worden, bedeutend gelitten. Schon im Jahre 1872 zeigten sich bei den
beiden rechtseitigen Oeffnungen bedenkliche Senkungen, so dass eine Absteifung der Brücke vorgenommen werden musste und der Umbau derselben für das Jahr 1873 beschlosen wurde.
Eine genaure Untersuchung ergab, dass die massiven Pfeiler aus Bruchsteinen mit Quaderverblendung noch gut erhalten waren; dagegen hatten sämmtliche Hölzer der Hängewerke, namentlich an den Verbindungsstellen, sehr gelitten; der Bohlenbelag war total verfault, ein Theil der Balken erwies sich ebenfalls an den Köpfen als angefault. Eine blosse Erneuerung der Hängewerke und des Bohlenbelages erschien daher nicht rathsam. Da die Differenz zwichen dem höchsten Wasserstande und der Fahrbahnmitte an deren tiefstem Punkte (die Fahrbahn ist nicht horizontal, sondern vom linken zum rechten Ufer steigend) nur 1,39m beträgt, so wurde von einer Wölbung ganz abgesehen und erhielt Referent den Auftrag, 2 Entwürfe nebst den zugehörigen Kostenanschlägen für den Umbau zu fertigen und zwar:
a) Erneuerung des hölzernen Oberbaues nach dem System der alten Brücke, jedoch mit doppeltem Bohlenbelag unter Weglassung der Chaussierung,
b) Herstellung eines eisernen Oberbaues.

Diesem Auftrage wurde im Winter 1872–73 Folge gegeben, beide Entwürfe der Regierung vorgelegt, der Entwurf mit eisernem Oberbau von mir für die Ausführung empfohlen. Bei 55m Gesammtbreite waren 6 Blechträger, die unter sich durch T-Eisen verbunden werden sollten, projektiert. Als Träger der
Beschotterung sollte Wellblech verwendet werden. Die Kosten berechneten sich nach den revidierten Kostenanschlägen
ad a auf 3550 Thlr.
ad b auf 7500 Thlr.

1874-Brückenneubau---SchnittDer Entwurf mit eisernem Oberbau wurde für die Ausführung genehmigt und der Unterzeichnete beauftragt, einen Submissionstermin für den Verding anzuberaumen.
Inzwischen waren von Seiten der Gemeinde Kyllburg mehre Petitionen an die Königl. Regierung gerichtet, worin gebeten wurde, etwas weiter oberhalb, dicht neben dem kleinen Seitenbach, eine massive Brücke erbauen zu wollen, wo die für die Wölbung erforderliche Höhe vorhanden sei. Hierdurch wurden zwar weitere Verhandlungen herbeigeführt, eine genaue Aufnahme der Situation ergab jedoch, dass die Fahrt zum Güterbahnhofe Kyllburg bei der vorgeschlagenen Lage der Brücke kaum zu ermöglichen war, auch die Fahrt zum Personen-Bahnhofe eine unbequeme würde, so dass auf eine spezielle Bearbeitung eines bezüglichen Projekts nicht eingegangen werden konnte.

Durch diese Verhandlungen hatte sich der Termin für die Submission auf den eisernen Ueberbau bis Anfang Juli v. J. verzögert; das Resultat desselben war ein sehr ungünstiges, indem sämmtliche Offerten bedeutend höher waren, als der Kostenanschlag, die niedrigste um 201 Thlr. und die höchste um 2390 Thlr; bei der niedrigsten Offerte waren ausserdem noch andere unannehmbare Bedingungen gestellt.

In Folge des ungünstigen Ausfalls der erwähnten Submission machte ich den Versuch für einen dritten Entwurf, den einer gewölbten Brücke mit Beibehaltung der vorhandenen Pfeiler unter entsprechender Verstärkung der Landpfeiler, obwohl ursprünglich von einer Wölbung zwischen den vorhandenen Pfeilern Abstand genommen war. Die Bearbeitung einer Skizze ergab, dass es möglich war, bei einer nicht bedeutenden Veränderung der Fahrbahnhöhe, wodurch die Gefälle-Verhältnisse der beiderseitigen Anfahrten zur Brücke wesentlich günstiger werden, Gewölbe mit einer Pfeilhöhe von 1 : 7,25 der Spannweite herzustellen, ohne das Fluth-Profil irgend nennenswerth einzuschränken.

Diese Skizze fand dann auch mit einigen kleinen Modifikationen die Genehmigung der Regierung, so dass die Ausführung des eisernen Oberbaues sistiert und mir der Auftrag wurde, einen speziellen Entwurf nebst Kostenanschlag für eine gewölbte Brücke auszuarbeiten. Fig. 1 zeigt den Längenschnitt und Fig. 3 den Querschnitt derselben. – Die nach Figur 3 von mir projektierte Abdeckung der Gewölbe mit einer in Trassmörtel vermauerten Flachschicht aus Sandsteinplatten wurde in der Superrevisions-Instanz nicht genehmigt, sondern eine Verstärkung der Bögen um die Dicke der Flachschicht mit einer Asphaltabdeckung vorgeschrieben.

1874-Brückenneubau---LageplanDer Kostenanschlag schliesst, unter Berücksichtigung der bei der Revision abgeänderten Preissätze, mit der Summe von 6200 Thlr. ab. Die bei Verwendung von Sandsteinquadern festgesetzten Gewölbestärken sind auf 50zm im Scheitel und 58zm am Kämpfer für die grösseren, und 44zm im Scheitel bei 50zm am Kämpfer für den kleineren Bogen festgesetzt worden. In Bezug auf die Gewölbestärken bemerke ich noch, dass in der Berechnung die Druckfestigkeit des Kyllburger Sandsteins zu 200k pro □zm angenommen ist; (in Wirklichkeit ist dieselbe wahrscheinlich bedeutend grösser, da der Stein dem Udelfanger Sandstein, dessen Druckfestigkeit zu 550k bestimmt ist, nur wenig nachgiebt). Dabei ergiebt sich das Kubikmeter Sandsteinmauerwerk zu 2200k und das Kubikmeter Ueberschüttung zu 2000k, die grösste fremde Belastung zu 1000k pro □m Brückenbahnfläche gerechnet, für die von mir angenommene geringere Gewölbstärke für den grössten Bogen eine 28fache und für den kleinsten Bogen eine mehr als 33fache Sicherheit, die sich durch die vorgeschriebene Verstärkung um etwa 25 Proz. vermehrt. Nach der abgehaltenen Submission werden nach den Offerten des zweiten Mindestfordernden rund 490 Thlr. an der Anschlagsumme erspart werden. Für die Ausführung stellt sich also der Preis der gewölbten Brücke bei 6,6m lichter Breite zwischen den Geländern mindestens 2000 Thlr. niedriger als der für einen eisernen Oberbau bei nur 5,5m lichter Breite.

Nach einer vergleichenden Zusammenstellung kostet jeder □ Meter der Brückenbahn unter Zugrundelegung der Anschlagpreise:
a) bei hölzernem Oberbau 5,5m in L. breit = 15,01 Thlr.
b) bei eisernem Oberbau 5,5m in L. breit = 31,70 Thlr.
c)bei GewölbevonQuadern 6,6m i. L. breit = 21,03 Thlr.

oder im Verhältniss wie 1 zu 2,11 zu 1,39. Wäre die Verstärkung der Gewölbe nicht vorgenommen, so würde sich das Verhältniss noch weit mehr zu Gunsten der gewölbten Brücke gestalten. Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass bei dem Kostenanschlage für den hölzernen Oberbau von den 32 Stück Längenbalken nur 22 Stück neu zu beschaffen sind, da sich 10 Stück derselben als noch vollkommen gut erhalten erwiesen haben und die übrigen noch zu Mauerlatten und anderen schwachen Hölzern Verwendung finden können, was im Kosten anschlage auch vorgesehen; so dass sich also bei einer voll ständigen Neubeschaffung des hölzernen Oberbaues das Verhältniss noch etwas anders gestalten würde. Ferner kommt hinzu, dass in den Kostenanschlägen für den hölzernen und eisernen Oberbau auf die Herstellung einer Nothpassage nicht Rücksicht genommen ist, da für die kurze Zeit, welche der Abbruch des alten und die Aufstellung des neuen Oberbaues in Anspruch nimmt, die Strasse im Nothfalle gesperrt werden konnte, wenn es nicht möglich war, wenigstens bei dem eisernen Oberbau, die Passage auf der halben Breite der Brücke zu erhalten, während die andere Hälfte umgebaut wurde. Bei dem Kostenanschlage ad c ist auf die Herstellung eines Interimsweges unterhalb der Brücke mit einer 8,5m weiten Nothbrücke über den Mühlengraben und einem 4,5m weiten Durchlass im Kyllbett Bedacht genommen. Diese Oeffnungen werden voraussichtlich zur Abführung des Wassers selbst bei den höchsten Sommerwasserständen genügen. Der Interimsweg nebst Zubehör ist in der Situation Fig.2 angedeutet.

Auf der anderen Seite ist allerdings auch wieder in Betracht zu ziehen, dass ein Eifelsandstein von guter Qualität in der geringen Entfernung von nur 0,5 bis 1km von der Brücke in verschiedenen, sehr ausgiebigen Steinbrüchen gewonnen wird, so dass die Verhältnisse für den Massivbau so ungewöhnlich günstig liegen, wie dies wohl selten anderswo vorkommt.

Meiner Ueberzeugung nach wird sich aber selbst unter weit ungünstigeren Verhältnissen, wenn überhaupt die Wahl zwischen Gewölbe und eisernem Oberbau bleibt und letzterer nicht unbedingt durch die Verhältnisse geboten ist, die Waage fast stets zu Gunsten des ersteren neigen, selbst bei sehr flachen Bögen, vorausgesetzt, dass beide, Gewölbebau sowohl als Eisenkonstruktion, nach rationellen Grundsätzen gehandhabt werden. Bei einem grossen Theile unserer deutschen Bauwerke ist dies allerdings sowohl in Bezug auf die Anordnung der Gewölbe selbst, als auch auf die der Widerlager nicht der Fall.

In Bezug auf das vorliegende Bauwerk bemerke ich noch, dass die Abführung des Sickerwassers durch kleine Rinnen aus Sandstein über der Mitte der Strompfeiler erfolgt, welche ziemlich weit vor die Stirnen vorgekragt sind und ein starkes Seitengefälle haben. Die Rinnen sind mit einem halbkreisförmigen Gewölbe von trockenem Mauerwerk überdeckt, welches letztere wiederum mit einer Steinpackung umgeben worden. Uebrigens wird das Sickerwasser bei dem Quergefälle der Steinbahn und dem starken Längengefälle der Seitenrinnen kaum von Bedeutung sein.

Manchem der Leser möchte es auffallen, dass die beiden linkseitigen Oeffnungen so stark gesenkt sind. Es ist dies lediglich geschehen, um die Gefälle-Verhältnisse der Strasse zu verbessern, was namentlich am linken Ufer der Kyll dringend wünschenswerth erschien, da die Strasse daselbst bei einer starken Krümmung auf 12m Länge ein Gefälle von 89zm, oder 74mm pro lfd. Meter hat; durch die projektierte Aenderung der Fahrbahn wird das Gefälle auf 56zm, oder 47mm pro lfd. Meter ermässigt.

Diese Senkung ist auch ganz unbedenklich, da die Hauptströmung auch beim Hochwasser stets in der Nähe des rechten konkaven Ufers liegt und naturgemäss liegen muss, wie die Kiesablagerungen am linken Ufer dies deutlich zeigen. Etwa durch das Hochwasser mitgeführte Gegenstände: als Eisschollen, Baumstämme etc., werden daher stets durch die beiden rechtseitigen Oeffnungen treiben, wo eine mehr als genügende Höhe vorhanden ist. Durch die Hebung der Fahrbahn am rechten Ufer wird ein doppelter Zweck erreicht: eine grössere Höhe für die beiden rechtseitigen Brückenbögen und eine Verbesserung der Gefälle-Verhältnisse für die rechtseitige Brückenanfahrt.

Die Einschränkung des Hochwasserprofils durch das Eintauchen der Bogenzwickel berechnet sich zu 1,248 □m bei einem Hochwasserprofil von rund 88 □m.
Bitburg, Anfang März 1874.
A. Krone
Kgl. Kreisbaumeister.

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