Geschichte

Das Bitburger Land unter spanischer Herrschaft

    Eifel Kalender 1943, S. 74-78, von Pfarrer Antonius Cordie, Wißmannsdorf

    Unter Bitburger Land verstehen wir hier den Teil des alten Bidgaues, der unter die Herrschaft der Grafen von Luxemburg kam und mit dieser Grafschaft zuerst an Burgund und dann an Spanien fiel.
    Der Bidgau aus der Zeit Karls des Großen mit dem Hauptort Bitburg, das ihm den Namen gab, und dem Grafensitz auf der Burg Hamm a. d. Prüm, der später nach Vianden verlegt wurde, umfaßte die Eifel von Trier bis Prüm in nördlicher Richtung, westlich bis Luxemburg und östlich bis Wittlich, und überschritt die Mosel oberhalb und unterhalb Trier, so daß sich beide Territorien vermischten, im allgemeinen aber dem Trierer Gau wenig Terrain blieb.
    Dieser Trierer Gau, der nur ein Stück oder richtiger eine Enklave des großen auch Moselherzogtum und Moselprovinz genannten Moselgaues war, wurde 761 von Pipin dem Trierischen Bischof mit Grafenrechten, also mit weltlicher Gewalt zu der bischöflichen, unterstellt. Das ist der Beginn des Kurstaates Trier. Im Bidgau bildeten sich mehrere Herrschaften, Gerichtsbezirke, von denen in den letzten Jahrzehnten besonders luxemburgische Geschichtsforscher nachgewiesen haben, daß es eine Aufteilung unter Verwandten der alten Gaugrafen ist. Siegfried von Luxemburg und die von Hamm nach Vianden verzogenen Grafen rivalisierten lange Zeit, bis die Viandener die Hilfe Luxemburgs gegen einen unbotmäßigen Neffen nötig hatten, der den eigenen Onkel in der Viandener Burg Schöneck gefangen hielt. Luxemburg lieh seine erfolgreiche Hilfe mir unter der Bedingung, daß Vianden seine Oberlehensherrschaft anerkannte.

    Der Trierer Bischof dehnte aber auch seine weltliche Gewalt im Bidgau aus, so daß wir Kurtrier und Luxemburg als Landesherren im Bitburger Lande finden. Der Hauptort Bitburg selbst kam sogar in die Hände des Erzstiftes, bis er 1239 an Luxemburg abgetreten wurde. Das war der friedliche Abschluß von ein Dutzend Fehden in zwei Jahrhunderten. Am deutlichsten tritt diese Teilung des Bidgaues hervor, wenn wir sehen, wie in seinem Herzen, im Kyllgebiete, Kyllburg und Welschbillig trierisch, Bitburg und Malberg aber luxemburgisch sind. Und so blieb es über alle Besitzwandlungen hinaus bis zur Französischen Revolution.
    Im Jahre 1443 kam die Grafschaft Luxemburg, mit ihr das Bitburger Land, an die Herzöge von Burgund und 1506 an Spanien. Der Herzog Karl der Kühne von Burgund fiel in der Schlacht bei Nancy und seine einzige Erbin Maria von Burgund heiratete den Erzherzog Maximilian, Sohn Kaiser Friedrichs III. Als Maximilian 1493 den deutschen Kaiserthron bestieg, übergab er die Verwaltung von Burgund seinem Sohne Philipp dem Schönen. Dieser heiratete wiederum eine Erbtochter, Johanne von Spanien, starb aber schon im Alter von 28 Jahren am 25. September 1506. Philipp hinterließ zwei Söhne Karl und Ferdinand. Karl, der spätere Kaiser Karl V. erhielt als Erbteil die spanischen und burgundischen Lande; letztere führten von da ab den Namen „die spanischen Niederlande“.

    Die ganze spanische Zeit ist angefüllt mit Kriegen. Die Stadt Bitburg durfte ihre Vertreter zur Ständeversammlung nach Luxemburg schicken, Aiden und Beden genehmigen, und bei übergroßer Not in Brüssel fruchtlose Klagen vorbringen.
    Maximilian führte von 1542-1552 bloß 4 Kriege mit Frankreich und sein Sohn Philipp einen. Dieses hatte durch die Erwerbung Spaniens einen Habsburger links und einen Habsburger rechts und hatte selbst auf die reiche burgundische Erbschaft, mit oder ohne Maria, spekuliert. Nun noch die Habsburger in Spanien! Von den 17 Provinzen der Niederlande, die unter dem Namen Herzogtum Burgund an Spanien gefallen waren, empörten sich 7, die heutigen Niederlande, gegen die spanische Herrschaft. Der Krieg dauerte 80 Jahre, natürlich mit Unterbrechungen; er begann 1568 und endete erst mit dem 30jährigen Kriege. Dazwischen der Dreißigjährige Krieg. Dann folgten Kriege Ludwigs XIV. mit Spanien, mit den spanischen Niederlanden, mit Holland, der Reunionskrieg, der Raubkrieg von 1688 und endlich der spanische Erbfolgekrieg bis 1714.
    Im Verlauf dieser Kriege war unser Herzogtum Luxemburg zum zweiten Male französisch geworden, und zwar auf 13 Jahre von 1684-1697.
    Die Kriege überschneiden sich derartig in ihren Jahreszahlen, daß es unmöglich ist, die Opfer und Leiden unserer Provinz Luxemburg und Stadt Bitburg für die einzelnen getrennt aufzuführen. Wohl aber haben wir Eingaben des Provinzialrates von Luxemburg nach Brüssel und besonders in statistischen Angaben, die im Dreißigjährigen Kriege enden, zwei klare Zeitbilder. Danach teilen wir auch die erste Hälfte unserer Skizze ein.

    Kriegszustände bis zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges.

    Der Dreißigjährige Krieg ist in die Geschichte Deutschlands eingetragen wie kein anderer. Deutschland hatte von 16 Millionen Einwohnern 12 Millionen verloren, das Erzstift Trier allein 300 000. Unser Land Luxemburg aber hatte bei Beginn des Dreißigjährigen Krieges, wie obige Zahlen zeigen, schon 56 Kriegsjahre hinter sich. Der Provinzialrat berichtete, als im Jahre 1596 ein neues Regiment in unser Land in die Quartiere gelegt werden sollte, nach Brüssel über den traurigen Zustand der Bevölkerung. Hier müssen wir noch erklärend einfügen, daß die Truppen in den aufrührerischen Niederlanden nur im Sommer kämpften, im Winter lagen sie im Luxemburgischen in den Winterquartieren. Dies waren neben den spanischen Truppen auch kaiserliche, lothringische und andere Truppen. Ein neuerer Geschichtsschreiber sagt: Seit Luxemburg in der Mitte des 15. Jahrhunderts seine Unabhängigkeit verloren, haben fast alle Nationen Europas wechselweise dasselbe in Besitz gehabt; Burgunder und Spanier, Oesterreicher und Franzosen waren mehr oder minder lange die Herren des Landes und in ihrem Gefolge saugten Italiener, Kroaten, Panduren, Wallonen, Holländer, kurz Mitglieder jeder Nation das Land aufs unbarmherzigste aus. Selten genießt Luxemburg einen längeren Frieden; es vergeht fast kein Jahrzehnt, in dem es nicht von diesem oder jenem Feinde heimgesucht wird.
    Der Bericht nach Brüssel lautet: „Das Land ist ganz ruiniert und das Volk ganz verzweifelt. 1589 hatte es schon große Kriegssteuer gewährt und damals war ihm versprochen, daß es in Zukunft verschont würde. Trotzdem werden jetzt außer den 25 Regimentern noch eine ganze Anzahl Kompanien zu Pferde und zu Fuß, einzelne Regimenter mit einem Aufenthalt von 6-7 Monaten ins Luxemburgische gelegt. Im Dezember wurden 500 000 Gulden bewilligt, diese wurden erhöht, aber sie reichten nicht für die Soldaten; deshalb plünderten dieselben.
    Das Volk aß Haferbrot mit Stroh vermischt und verkaufte alles, um Geld für die Kontributionen zu bekommen. Das Volk, das nicht zahlen kann, wird von den Soldaten in Banden und Gefängnis geworfen. Die verlassenen Häuser werden von den Soldaten mit ihren Frauen und Kindern bewohnt. Die Fourageure nehmen die Lieferungen in Naturalien nicht an und verlangen Geld.“
    Schon 5 Jahre früher, im Jahre 1584, hat der Pfarrer Sonndag von Bollendorf im Klarissenkloster in Echternach inständig um Milderung der Abgaben gebeten, ähnlich den Luxemburgern in Brüssel, und dabei besonders auf die große Sterblichkeit, die bekannte Kriegsbegleiterin, hingewiesen. Er gab zu Protokoll: Die armen Untertanen von Bollendorf haben vom Jahre 1563 bis heute sehr schwere Kriegslasten getragen, und es kam im Jahre 1576 eine große Sterblichkeit hinzu. Das Dorf hatte bis dahin 35 Familien, von denen nur noch 7 am Leben sind. Innerhalb 5 Monaten sind 180 Personen gestorben. Also 4 Fünftel des Dorfes gestorben, nur noch ein Fünftel am Leben, und das innerhalb 5 Monaten. Welche Summe von Elend liegt nicht in der kurzen oft wiederkehrenden Notiz: Große Sterblichkeit!

    Die eingetretene Verarmung haben wir für den Kreis Bitburg zahlenmäßig belegt durch die Verteilung der Steuerlasten. Bevor Maria Theresia ihren sogenannten Kataster, d. i. eine Vermögens- und Einkommensteueraufstellung anordnete, war die Steuer nach Feuerstellen gelegt, daher auch Herdsteuer genannt. Anfangs zahlten alle Feuerstellen dieselbe Steuer. Als aber die Verarmung zu große Differenzen brachte, wurden die Güter je nach Verminderung ihres Wertes nicht mehr als ein Feuer, sondern als ein halb, ein viertel und ein achtel Feuer gerechnet und besteuert. Wenn z. B. Bitburg im Jahre 1541 noch 100 Feuerstellen, 1624 aber nur mehr 26 Feuerstellen hatte, so besagt das, daß das Vermögen und Einkommen auf ein Viertel reduziert, nicht aber von 100 Häusern nur mehr 26 übrig waren.

    Feuerstellen 1541 Feuerstellen 1624
    Bitburg 100 26
    Wolsfeld 22 5
    Meckel 22 6
    Bettingen 20 2
    Holsthum 17 4
    Wiersdorf 19 2
    Mettendorf 30 9
    Wallendorf 15 3
    Kruchten 14 3

    Kriegszustände vom Dreißigjährigen Kriege bis 1714.

    Am 4. November 1648, nachdem also die Glocken den Westfälischen Frieden eingeläutet hatten, kündigte Erzherzog Leopold den Abgeordneten an, daß 3 Regimenter Infanterie, 1 Regiment und 8 Kompanien Kavallerie vom Herzog von Lothringen ins Luxemburgische in die Winterquartiere gelegt würden. Außerdem hatten die Städte noch 14 Kompanien Infanterie als gewöhnliche Garnison. Darauf antworteten die Abgeordneten: Seit 1636 sei das Land durch maßlose Einquartierung und durch Pest und Hunger verwüstet. Die Leute stürben zu Hunderttausenden und es bliebe nicht die 10. Seele am Leben. Die Ueberlebenden seien durch den Unterhalt der Kriegsleute, Brandschatz, Diebstahl, Verwüstung und Hungersnot so weit, daß sie von Hafer und Kräutern lebten.
    1649 herrschte besonders große Kälte; es fror bis Mitte Mai. Der Provinzialrat berichtet, daß das Volk vor Hunger schreie. Dann fordert er, daß die Beamten die Speicher der Wucherer revidieren sollten. Ein Einfall der Franzosen kostete allein die Stadt Echternach 10 000 Reichstaler. Ein weiteres deutsches Regiment Infanterie und 4 Kompanien Kavallerie kamen zum Schutze, vermehrten aber die Not. Was der Feind nicht genommen hatte, nahm der Freund.
    1650 war wieder ein Unglücksjahr. Der lothringiscbe General Grod plünderte Dudeldorf und die benachbarten Dörfer. Die Einwohner werden persönlich mißhandelt und gezwungen, ihre Häuser zu verlassen, sich in die Wälder zurückzuziehen und zwischen den Felsen der Winterkälte und der Hungersnot zum Opfer zu fallen. Sie haben nicht einmal mehr Haferbrot zu essen, und eine Frau, die sich eine Handvoll Getreide für sich und ihre Kinder gesammelt hatte, warf, als ihr auch dies von einem Soldaten genommen wurde, ihre Kinder in den Fluß und sprang selbst nach. Und nun die Anklage: Trotzdem blieben die alten Kriegssteuern bestehen, obwohl eine einzige der großen und reichen Städte der Niederlande (der spanischen) zehnmal mehr Mittel hat, als die ganze arme ausgeplünderte Provinz Luxemburg.

    Im Jahre 1651 ging es nicht besser. Turenne unterhielt freundliche Beziehungen zu Erzherzog Leopold; aber das kam uns teuer zu stehen. Von seinen Truppen wurden 7 Regimenter bei uns einquartiert. Die Leute mußten 4 lange Wintermonate ohne Nahrung in den Wäldern hausen wie Wilde. Nicht ein Viertel der Bevölkerung hat seit 2 Monaten Brot zu essen. Der Klerus berichtet: Nicht nur die Schweden und Franzosen haben die Dekanate Luxemburg, Arlon, Bitburg und Remich geplündert, sondern noch mehr tun dies die Truppen der Spanier, Lothringer und des Marschalls Turenne. (Also die eigentlichen Beschützer.)
    Turenne, der inzwischen wieder auf die Seite Frankreichs getreten war, bedrohte Luxemburg. Der Gouverneur von Luxemburg begab sich ins Bitburger Quartier, und der Rat von Luxemburg forderte die Pröpste auf, die ausgehobenen Rekruten nach Bitburg zum Schutze der Stadt zu senden. In erster Linie aber wohl zum Schutze der hohen Herren, die nach Bitburg geflüchtet waren.
    Nun zu unserer Statistik:

    Feuerstellen 1624 Feuerstellen 1659
    Propstei Echternach 47 3/4 12 1/3 1/6 1/8
    Grafschaft Vianden 90 8 1/4
    Herrschaft Neuerburg 53 1/4 11 1/6 1/8 1/12
    Propstei Bitburg 125 1/2 22 1/6
    Herrschaft Scharfbillig 15 1/2 1 1/4

    Bei der Grafschaft Vianden, die 50 Dörfer, fast sämtliche im Kreise Bitburg, zählte, ist der Zusatz gemacht: 8 Dörfer waren gänzlich verlassen. Die Herrschaft Hamm, bestehend ans Hamm, Hermesdorf, Wißmannsdorf und Echtershausen, war eben falls ganz verlassen. Im Bezirksarchiv in Metz besagt eine Urkunde, daß diese ausgestorbene Herrschaft Hamm 60 Gulden Steuern zahlen müsse, da die Landstände sie nicht davon befreien könnten. Vertreter von Hamm führen aus, daß vor 1658 die Herrschaft ganz ausgestorben gewesen sei und es keine lebende Seele mehr gegeben habe, daß aber mit dem Frieden 3 Flüchtlinge zurückgekehrt seien, denen habe man ihr Vieh genommen und sie zu Gefangenen gemacht. Von anderen, die schon seit 10-12 Jahren geflüchtet seien, fordere man 450 Gulden.

    Einzelbilder.

    Gemeinden und Klöster, Stadtschreiber und Kirchenrechner sind durch die Fülle des Schrifttums, bestehend aus Bittschriften, Rechtssachen und Rechnungslagen zu Kriegschronisten geworden. Wir haben am Wege ein paar Steinchen gesammelt.
    Die Gemeinde Oberweis begründet in einem Schreiben an die Herrschaft in Neuerburg ihre Bitte um Steuernachlaß im Jahre 1646: Sie sind seil etlichen Jahren bei jetzigen hochverderblichen Kriegszeiten mit Einquartierungen, Kriegsdurchzügen dergestalt in große Armut und Verderben geraten, daß ihre Kindeskinder sich nur beschwerlich daraus explicieren werden können. Ungeachtet alles früheren Unglücks wurden in diesem Jahre etliche ganze lotliringische Regimenter bei ihnen einlogiert, hatten Heu und Früchte abgeätzt und alles Vieh weggenommen. Sie hätten sich mit dem übrig gebliebenen Hausmobilar nach Bettingen ins Schloß geflüchtet. Obwohl sie daselbst sicher zu sein glaubten, so wäre doch der Herr Graf Lingeuitte mit seinem Völkchen zugefahren, habe Schloß und Flecken ganz feindlich überfallen und den größten Teil desselben verbrannt. Sie hätten alles ausgeplündert, den armen Leuten die Schuhe aus den Füßen genommen. Mit Hilfe guter Leute hätten sie wieder auf Kredit einige Rindbiester und etliche Pferde an sich gebracht. Darüber sei eine französische Partei am 14. Sept. über sie hergefallen und ihnen wieder alles Vieh genommen, so daß aus Mangel an Pferden Menn und Weibspersonen zugleich Hand anlegen und die Egge ziehen müßten. Sie bäten um gnädigen Nachlaß des Schafftgeldes und wollten mit allem Fleiß dahin arbeiten, die Fruchtgefälle zu liefern — dabei waren die lothringischen Soldaten ihre Freunde. Das adelige Damenkloster St. Thomas an der Kyll hatte vor Jahrhunderten der Herrschaft Malberg Geld geliehen, kann aber weder Kapital noch Zinsen erhalten. Da die Herrschaft Verjährung vorschützt, versuchen sie nachzuweisen, daß infolge des Krieges eine schriftliche Klage unmöglich war. Darum Schilderung der Feindesgefahr und traurige Lage der Klosterinsassen. Ihre Kriegschronik in abgekürzter Form: 1632 haben die Franzosen Trier, Ehrenbreitstein und Koblenz eingenommen, überhaupt da ganze trierische Land überzogen; die Schweden haben die Festung Trarbach und das Schloß Veldenz anno 33 übermeistert, so daß alle Geistlichen vom Land in die Stadt verzogen; 1635 haben die Spanier die Stadt Trier eingenommen und die bayrischen Truppen das trierische Land überzogen und bis Pfingsten 36 darin verblieben. Darauf sei ein erschrecklicher Hunger und die Generalpest erfolgt, wodurch die Aebtissin Anna v. Roben und 10 Jungfrauen sowie der Klostersyndikus gestorben. Nur drei mit Namen Anna Katharina v. Kesselstadt, Anna Katharina v. Eltz und Anna Katharina v. Enschringen seien im Leben verblieben, von denen nur die v. Kesselstadt das Kloster bewohnt, die andern zwei seien bei ihren Freunden herumgezogen, und die genannte v. Kesselstadt sei zur Zeit des Exils zur Aebtissin durch die Abwesenden erwählt worden. Bei ihrer Regierung sei die Wertsche Armada 1637 ins Land gekommen und bis 38 geblieben, worüber eine solche Hungersnot entstanden sei, daß ein Malter zu 16 und 20 Talern verkauft worden, kein Salz um Geld zu bekommen gewesen.
    Anno 1643 kamen die Hessen aus dem Jülicher- und Kölnischen Lande, hätten die trierischen Lande beängstiget, die Stadt Hillesheim geplündert und solche Furcht verursacht, daß die Jungfern zur halben Nacht auslaufen und sich salvieren mußten. Von da an haben die Lothringer das trierische Land schier alle Jahre geplündert und 4-5 Monate in Quartier gelegen. Die ganze Zeit sind die holländische, französische und spanische Partei dermaßten aufeinander gegangen, daß geringe Sicherheit im Hause, geschweige auf der Straße gewesen.
    Anno 1650 ist der Rosa gekommen, hat die 2 Schlösser Seinsfeld und Kayl eingenommen, so beieinander standen, nahe bei St. Thomas. Ja das Elend ist endlich so groß geworden, daß wenig mehr auf den Dörfern gewesen, ja die Herrschaft Malberg ohne Einwohnung eines einzigen Untertanen gewesen. Schluß: Sie hätten sich sofort der Klage eines andern Gläubigers angeschlossen, aber 1667 seien ihnen die Früchte von Messerich, die sie als Zins erhalten sollten, im Juli in der besten Erntezeit durch eine französische Armada des Generals Crequi, der 10 Wochen lang vor Bitburg lagerte, verdorben worden.
    Die Pfarrei Weidingen hatte als Wallfahrtskirche schöne Paramente und einen reichen Kapitalstock. Daher mußte der Kirchenrechner beides auf die umliegenden Schlösser flüchten und wieder zurückholen. So trägt er durch den notierten Botenlohn seinen Teil zur lokalen Kriegschronik bei. Die Ausgaben stehen in der Kirchenrechnung des Jahres 1667 bis 1681. Etliche Kirchenkleider wurden nach Schönecken geschafft; etliche Kirchenzierrat nach Neuerburg. Die Kirchenkiste auf das Schloß (wahrscheinlich Neuerburg) zu schaffen. Das Geld nach Schönecken in der Gefahr verschafft, selbiges Geld durch zwei Männer abholen lassen. Als das Geld nach Vianden geliefert an Unkosten aufgegangen 6 Gulden 6 Stüber. Dabei war der Weg gar nicht weit. Im Jahre 1681 werden dem Kirchenrechner 57 Gulden Schmerzensgeld gegeben „daß er wegen der Kirchengeschäfte nach Vianden gewesen und damals unter die Soldaten geraten, unschuldig geschlagen und übel zugerichtet worden und dardurch große Kosten zahlen müssen, bitt also weilen er in Kirchengeschäften gewesen, daß ihm zu Steuer der Unkosten einige Erkenntnis passiert werde“. Letztmalig werden die Kirchenornamente 1688 zur Zeit der Gefahr nach Neuerburg geschafft und nachgehends wieder zurückgeholt.
    Nun speziell von Bitburg: Im Jahre 1667 wurde es erobert und geplündert von Marschall Crequi; den Bürgermeister und einen Ratsherrn ließ er hängen. 1675 wurden die Städte Bitburg und Remich wiederum genommen und die Befestigungen niedergerissen, und im Jahre 1689 ließ Ludwig XIV. Bitburg in Brand stecken. Also innerhalb 22 Jahren dreimal erobert, geplündert und verbrannt.
    40 Jahre später hat sich das Land noch nicht erholt. In einer Statistik über das Einkommen der Pfarrer 1699 heißt es bei der Pfarrei X: 12 Häuser, 6 Häuser betteln, 6 nicht. Bei Y: 4 Häuser, 2 betteln . Bei Z: 11 Häuser, die Hälfte bettelt. Und endlich bei einem heute 1200 Seelen zählenden Orte: Alle betteln mit Ausnahme des Mayers.

    Lichtblicke.

    Bisher alles grau in grau, beherrscht von Pest, Hunger und Krieg. Aber es gab auch Lichtblicke. Luxemburg war zwar von Hand zu Hand gegangen, aber bei jedem Umschlag weltpolitisch erhöht worden. Das Luxemburger Geschlecht, das 963 so bescheiden anfing, daß es den Felsen für seine Burg mit nur 1 1/2 Bauerngut von den Trierer Mönchen eingetauscht hatte, dehnte sich nach allen Seiten aus, gab den Trierern ihren größten Kurfürsten Balduin und Deutschland drei Kaiser, und der Graf Johann von Luxemburg, der böhmischer König wurde, trug den Namen Luxemburg beinahe auf alle Schlachtfelder Europas. Als es seine Selbständigkeit an Burgund verlor, kamen seine Ritter unter Karl dem Kühnen von Burgund an den glänzendsten Hof Deutschlands, dem die Königskrone wohl nur entging, weil er an Pracht den Kaiser Friedrich III. ausstach. Und als Maximilian, der Gatte der burgundischen Erbin Maria, Kaiser wurde, legte er seinem Enkel Karl den Titel „Herzog von Luxemburg“ in die Wiege. Dieser Herzog von Luxemburg wurde in seinem 15. Lebensjahre Regent der Niederlande, im 18. König von Spanien, Neapel und Sardinien und im 19. Kaiser von Deutschland. Kaiser Karl hob bis zu seiner Abdankung 1556 Luxemburg in jeder Weise wirtschaftlich und politisch durch Handelsverträge, Freiheiten und Vorrechte. Bei seiner Sorge für sein großes Reich, in dem die Sonne nicht unterging, blieb Luxemburg sein geliebter Benjamin. Er hatte bei der Kreiseinteilung Deutschlands im Jahre 1512 einen eigenen Kreis Burgund geschaffen und Burgund selbst nur deshalb an die spanischen Habsburger gegeben, um deren Hausmacht zu stärken, nicht aber es Deutschland zu entfremden. Sein Sohn tat noch ein weiteres. Um es dem Deutschtum zu erhalten, vermählte dieser seine Tochter Isabella dem Erzherzog Albert von Oesterreich und gab ihnen die Verwaltung der Niederlande (1598-1621). Hier eine für Luxemburg ehrenvolle Episode:
    „Bei der Huldigung in Brüssel zeichnete der Erzherzog die Luxemburger für ihre unerschütterliche Treue auf ehrenvolle Weise aus. Als die Abgeordneten der verschiedenen Provinzen zur Eidesleistung vor ihm erschienen, reichte ein jeder von ihnen ihm die rechte Hand und leistete dann den Treuschwur, indem er zwei Finger erhob. Als nun die Reihe an die Luxemburger kam, erhoben diese bei ihrem Eide, den sie in deutscher Sprache ablegten, nur einen Finger. Als die Abgeordneten der anderen Provinzen darüber murrten, sprach Albert: „Was staunt Ihr? Ihr seid Gott und dem Fürsten untreu gewesen; das Luxemburger Land aber war stets eine Pflanzschule der Treue. Wenn die Abgesandten dieser Provinz mich mit einem Finger, ja nur durch einen Wink ihrer Augen ihrer Treue versichern, so kann ich darauf rechnen.“
    Als König Karl II. von Spanien 1700 kinderlos starb, meldeten sich Frankreich und Deutschland, und der Erbfolgekrieg brachte 1714 das Herzogtum Burgund wieder an das Kaiserhaus Habsburg als österreichische Niederlande.
    Damit begann für Luxemburg eine Friedenszeit bis zur französischen Revolution. Seine geliebte Kaiserin Maria Theresia hatte zwar die drei schlesischen Kriege zu bestehen, aber Luxemburg blieb im Frieden; denn es lag weit ab vom Kriegsschauplatz, und außerdem hatte die Kaiserin die Bauernsöhne vom Kriegsdienste befreit. Das Land erlebte eine solche Blütezeit, daß ein Sprichwort sagte. „die Luxemburger Bauern könnten ihre Aecker mit silbernen Pflugscharen pflügen“.

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