Vereine

Blau-Weiß-Rot

Eine heiter-ernste Episode aus der französischen Besatzungszeit
Von Willi Poß

Das Gründungsjahr des Männerquartetts „Harmonie“ Kyllburg fiel in die Zeit der französischen Besatzung. Wie alle anderen Vereine und Verbände bedurfte seine Gründung der Zustimmung der französischen Kommandantur, die diese nach Feststellung der „Unbedenklichkeit“ und politischen Neutralität auch erteilte.
Äußert empfindlich reagierten die Franzosen auf jeden Verdacht der Missachtung ihrer Oberherrschaft, und ihre Militärpolizei war bei Recherchen und Verhören alles andere als zimperlich. Auch öffentliche Veranstaltungen mussten erst von der Besatzungsmacht genehmigt werden.

Einer der ersten Auftritte des neugegründeten Vereins sollte ein bunter Lieder- und Theaterabend für die Bevölkerung sein. Nach Genehmigung durch die Behörde und deren Einsichtnahme in das Programm freute sich der damalige erste Vorsitzende, Mathias May, im Saale Lorig ein zahlreiches Publikum begrüßen zu können. Nach der katastrophalen Kriegs- und turbulenten Nachkriegszeit waren Veranstaltungen dieser Art eine willkommene und gern besuchte Abwechslung im vielfach recht trostlosen Alltag. So wurden die Darbietungen der Akteure mit gern entgegengenommenem reichen Beifall belohnt. Die Mitwirkenden hatten in der Vorbereitungszeit eigene Kulissen gezimmert. Bei dieser Aktion war manches Betttuch aus den häuslichen Vorräten spurlos verschwunden (Bespannung von Kulissenrahmen). Kostüme wurden im Eigenbau „zurechtgezimmert“, sollte es doch ein recht lustiger, bunter Abend werden. Hierbei hatte es nun Sangesbruder Paul Schwickerath unternommen, seine allzu blasse weiße Hose mit bunten, genauer gesagt blauen und roten Flicken zu verzieren, und das vornehmlich an Stellen, die jenen Körperteil bedecken, auf dem man gewöhnlich zu sitzen pflegt. Hier muss erwähnt werden, dass öffentliche Aufführungen von den Besatzern oder deren „Helfern“ systematisch bespitzelt wurden.

Kaum war der letzte Beifall verklungen und der Bühnenvorhang geschlossen, wurde Paul Schwickerath von zwei, bis an die Zähne bewaffneten, französischen Polizisten verhaftet. Sprachlich konnte man sich nicht verständigen, Paul wurde ohne viel Federlesens in den damals von der französischen Kommandantur besetzten „Eifeler Hof“ überführt. Kurz darauf wurde ihm die Anklage bekanntgegeben:

Verspottung der französischen Trikolore (blau-weiß-rot) und damit Missachtung der „Grande Nation“ Frankreich.

Dem der deutschen Sprache kundigen, menschlich denkenden und verständnisvollen Mitglied der Kommandantur, Monsieur Lavigne, war es auf Grund seiner Vermittlung zu verdanken, dass alle Missverständnisse aufgeklärt und Paul in die Freiheit entlassen werden konnte.

Heute können wir über solche Begebenheiten schmunzeln, aber zu jener Zeit hätte die harmlose Affäre für Paul Schwickerath fatal ausgehen können.

Einen Kommentar verfassen

captcha

Please enter the CAPTCHA text